Südwest Presse: Kommentar zu Hans Michael Strepp/ CSU

Nur schlichte Gemüter dürfen glauben, dass Hans
Michael Strepp allein auf eigene Kappe handelte, als er beim ZDF
anrief, um einen Bericht über die Nominierung des bayerischen
SPD-Spitzenkandidaten Christian Ude zu verhindern. Nein, gegen diese
Lesart steht jede praktische Erfahrung. Die Intervention des
altgedienten CSU-Pressesprechers erfolgte entweder in vorauseilendem
Gehorsam oder auf Anweisung seiner Vorgesetzten. Das war nicht dumm,
sondern dreist, nicht unprofessionell, sondern gewieft. Die Methode
hat ja auch System in der Union. Ob ein unliebsamer Studioleiter in
Bonn zu entfernen war oder ein sperriger Chefredakteur in der
Sendezentrale – stets machten hochrangige Parteifunktionäre ihren
Einfluss auf die Personalpolitik der Mainzer Anstalt geltend. Dieses
Mal aber ging der Schuss nach hinten los, ähnlich wie bei Christian
Wulffs verbalem Wutanfall auf der Mailbox des „Bild“-Chefredakteurs.
Die hemmungslose Arroganz der Macht der Gewohnheit schlug fehl. Mit
dem persönlichen Opfer des CSU-Sprechers ist die Sache nicht
erledigt. Parteichef Horst Seehofer und sein Generalsekretär
Alexander Dobrindt sind verantwortlich für eine in ihren Reihen weit
verbreitete Selbsteinschätzung, wonach der Freistaat Bayern der
angestammte Erbhof der CSU und daher alles erlaubt sei, was der
Verteidigung desselben dient – notfalls auch ein Anschlag auf die
Pressefreiheit.

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Südwest Presse
Lothar Tolks
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