Südwest Presse: Kommentar zur Bildung

Wie schön: Es tut sich was im deutschen Schulwesen.
Doch mal ehrlich, nach all den Bemühungen seit dem Pisa-Schock 2001
darf man erwarten, dass die Neuerungen und massiven Investitionen in
ein vernachlässigtes Feld nach elf Jahren endlich Früchte tragen.
Bemerkenswerter als der Erfolg ist der Makel. Die Autoren der neuen
Studie sprechen von 20 Prozent Bildungsverlierern. Es sind Kinder,
die in schwierigen, von Armut geprägten Verhältnissen aufwachsen und
deren eigene Kraft oft nicht ausreicht, sich aus der unwürdigen Lage
zu befreien. Manch schlichte Gemüter meinen, es genüge, das Versagen
der Eltern anzuprangern, um die Verantwortung des Staates nicht
überzustrapazieren. Doch viel näher kommt der Wirklichkeit, dass es
keinen ausreichenden politisch-gesellschaftlichen Druck in der Frage
der Bildungsgerechtigkeit gibt: Zu viele Kinder aus der Unterschicht
bleiben dort, wo sie herkommen, sind die ewigen Schmuddelkinder, weil
zu allererst andere Wählerschichten bedient werden sollen. Zweifellos
gibt es gute Ansätze, das Problem anzugehen, wie den Ausbau der
frühkindlichen Betreuung oder der Ganztagsschulen. Doch das ist zu
wenig. Die Ursache für die von Jahr zu Jahr brisantere Problematik
liegt in der wachsenden Spaltung der Gesellschaft: Die Armen immer
ärmer, die Reichen immer reicher – wenn die Politik hier nicht
gegensteuert, wird es künftig noch mehr Verlierer geben.

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Südwest Presse
Lothar Tolks
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