Es ist doch wirklich töricht zu glauben, Konzerne
und Lobbygruppen sind zuvorderst am Namen und Renommee von
Ex-Politikern interessiert – zumal der Leumund oft schon angekratzt
ist, wenn jemand aus dem Amt purzelt oder auch gekegelt wird. Nein,
das, worauf die Wirtschaft bei Neuzugängen aus der Politik in erster
Linie aus ist, das sind doch deren Kontakte, das Insiderwissen, die
detaillierte Kenntnis darüber, an welchen Stellschrauben justiert
werden muss, um bestimmte Ziele zu erreichen. Genau deshalb wurde in
den vergangenen Jahren immer wieder der Ruf nach einer Regelung laut,
die dem direkten Wechsel von Spitzenpolitikern in die Wirtschaft
einen Riegel vorschiebt und eine Sperrfrist festlegt.
Der Berg kreißte – und gebar eine Maus: Das Bundeskabinett hat
sich zwar nun zu einer Regelung durchgerungen, nach der
Regierungsmitglieder künftig eine Karenzzeit von bis zu 18 Monaten
einhalten müssen. Aber das hat nicht nur viel zu lange gedauert und
dadurch noch so manchem Polit-Profi einen lukrativen Posten beschert,
der ihm nun verwehrt bleiben könnte. Die Regelung lässt auch viel zu
viel Spielraum. Wer will prüfen, ob ein Regierungsmitglied einen
möglichen Seitenwechsel tatsächlich zum frühestmöglichen Zeitpunkt
ankündigt? Und wo fangen, wie es heißt, „problematische
Überschneidungen mit den bisherigen Aufgaben“ an und wo hören sie
auf? In der jetzigen Form ist die Regelung nichts anderes als eine
Beruhigungspille – ganz besonders für die Wutbürger, die sich in den
vergangenen Wochen auf Deutschlands Straßen über die Raffkes dieser
Welt empörten.
Es sieht ganz danach aus, als ob letztlich alles beim Alten
bleibt: Wenn nicht die Medien und eine kritische Öffentlichkeit
offenlegen, wo sich mit einem Seitenwechsel ein Interessenskonflikt
abzeichnet, wird selbiger erst wieder verkündet, wenn alles längst
eingetütet ist.
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