Tobias von Pein: Das Kirchenasyl ist und bleibt letzte humanitäre Option für Menschen in Not

TOP 30 Aktuelle Fälle des Kirchenasyls auf den
Prüfstand stellen (Drs-Nr.: 19/459)

Die AfD bekennt sich in ihrem Grundsatzprogramm zur „deutschen
Leitkultur“, zu deren drei Quellen die „religiöse Überlieferung des
Christentums“ gehören soll. Und ein paar Seiten weiter wird der Islam
in Gegensatz gebracht zu „einem toleranten Nebeneinander der
Religionen, das die christlichen Kirchen in der Moderne
praktizieren“. Bisher ist die Liebe der AfD zu den christlichen
Kirchen weitgehend unerwidert geblieben. Das wundert mich jetzt
nicht! Eine ganze Reihe von Kirchenvertretern haben das Buhlen der
AfD um ihre Gunst mit Verweis auf vieles, was von AfD-Politikern
gesagt und gefordert wird, eher als Belästigung zurückgewiesen.
Vielleicht liegt es auch daran, dass die AfD als Feind des
Kirchenasyls auftritt. Als säkularer Sozialdemokrat – manche
bezeichnen mich ja auch als „Kirchenkritiker der SPD-Fraktion“, ob
ich so weit gehen würde, weiß ich nicht – habe ich ja ein gewisses
Verständnis dafür, wenn Vorrechte und Privilegien von
Religionsgemeinschaften in Frage gestellt werden. Aber man kann den
Kirchen nicht Honig um den Bart schmieren und ihnen gleichzeitig
verbieten wollen, ihren Auftrag so auszulegen, wie sie es für richtig
halten. Es ist nicht meine Aufgabe und auch nicht die des Landtags,
in die historische und oder gar theologische Herleitung des
Kirchenasyls vertieft einzusteigen.

Was wir nicht akzeptieren, ist der Versuch den Eindruck zu
erwecken, als würden sich zahllose ausländische Bürger, deren
Asylanträge abgewiesen wurden, der Ausreise oder Abschiebung dadurch
entziehen, dass sie sich unbefristet in den Räumlichkeiten der
Kirchen einnisten. Das ist einfach großer Quatsch. Es geht immer um
Menschen in Not. Wer das nicht erkennt, ist herzlos. Das wäre schon
deswegen nicht zielführend, weil – anders als in der Antike und im
Mittelalter – das Kirchenasyl eben kein Sonderrecht ist; auch die
Räumlichkeiten religiöser Gemeinschaften sind nicht rechtlich
exterritorial, so dass die deutschen Behörden keinerlei Möglichkeiten
der Einwirkung und des Zugriffs hätten. Vor allem kann aber nicht die
Rede davon sein, dass die christlichen Kirchen eine aktive Propaganda
zur Gewährung von Kirchenasyl betreiben würden. Schon 2015 hat die
Deutsche Bischofskonferenz in einer Handreichung dazu aufgerufen, mit
der Gewährung von Kirchenasyl sehr zurückhaltend umzugehen. Und wenn
man sich die Zahlen ansieht, sind angesichts der Gesamtzahl der
Asylsuchenden die Fälle von Kirchenasyl statistisch kaum wahrnehmbar.

Die Ökumenische Bundesarbeitsgemeinschaft „Asyl in der Kirche“ hat
zum 15. Januar 374 Fälle von Kirchenasyl mit 543 Personen, davon 116
Kindern, angegeben, die meisten davon, nämlich 325 sind so genannte
Dublin-Fälle. Das sind wohlgemerkt die bundesweiten Zahlen. Wenn
Schleswig-Holstein nicht gerade ein Ausreißer nach oben ist, reden
wir hier über ca. zwanzig Personen. Ich gehe davon aus, dass die
Gespräche, die derzeit zwischen den zuständigen Behörden des Landes
und des Bundes mit den Kirchen geführt werden, auch in Zukunft völlig
ausreichen, um einer missbräuchlichen Inanspruchnahme des
Kirchenasyls entgegenzuwirken. Das Kirchenasyl ist und bleibt letzte
humanitäre Option für Menschen in Not. Wir stehen hier fest an der
Seite derjenigen aufrechten Helferinnen und Helfer, die
Menschlichkeit (!) – und darauf kommt es an – an oberste Stelle
stellen. Ihr Antrag ist ein Armutszeugnis. Er ist kalt, er ist
inhuman, und zeigt auch, was für eine Gesellschaft ihnen vorstrebt.
Und das ist nicht unsere. Deshalb lehnen wir ihn ab.

Pressekontakt:
Pressesprecher: Heimo Zwischenberger (h.zwischenberger@spd.ltsh.de)

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