So wenig die Ereignisse miteinander vergleichbar
sind: Angela Merkels strategische Erfahrung aus der DDR des Jahres
1989, dass die Herausnahme des Tempos notwendig sein kann, um einer
Revolution Ordnung und Richtung zu geben, ist im Fall Ägyptens jetzt
sehr nützlich. In der DDR war damals das Schlimmste, was passieren
konnte, ein Ausbruch von Gewalt, der alles zunichte hätte machen
können. Dass der ausblieb hatte nicht nur mit den sanften
Revolutionären zu tun, sondern auch damit, dass der Westen die allzu
ungestümen Kräfte bremste.
Das sollte er auch im Fall Ägypten versuchen. Revolutionen an sich
sind nicht demokratisch, selbst wenn sie sich gegen einen Diktator
richten. Das zeigt das Beispiel Iran. Die Kräfte, die den Schah
hinwegfegten, die Islamisten, sind nach innen weit
menschenverachtender und nach außen weit aggressiver als dessen
Regime je sein konnte. Vor einer allzu großen Blauäugigkeit gegenüber
der Volksbewegung in Ägypten muss daher gewarnt werden. Es ist bisher
nur eine Revolution gegen etwas, den Machthaber Mubarak, und gegen
die sozialen Folgen seiner Herrschaft. Aber es ist noch keine
Revolution für ein bestimmtes neues System. Von der Herrschaft der
Islamisten bis zur Diktatur einer Oligarchie oder des Militärs ist
alles drin. Leider am allerwenigsten eine echte Demokratie. Neben der
gering entwickelten demokratischen Bürgerschicht warten auch radikale
Sekten auf ihre Chance, ebenso Regionalmächte, wie eben der Iran, der
nur zu gern ihren Einfluss ausweiten möchten. Immer mit einem zweitem
Ziel neben der Durchsetzung eines radikalen, antiwestlichen Islam:
Der Vernichtung Israels.
Die deutsche Außenpolitik ist der Demokratie und den
Menschenrechten verpflichtet. Aber genauso auch dem Existenzrecht
Israels. Die deutsche Außenpolitik darf, ja muss egoistisch sein. Ihr
Interesse ist es, in Nordafrika Regierungen zu haben, die
demokratisch legitimiert sind, die ihre Länder sozial stabil halten,
die mit dem Westen kooperieren und die Israel anerkennen. All das
verbietet es, jetzt blind Hurra zu schreien oder den revolutionären
Prozess noch zu beschleunigen, etwa durch ein zu frühes Exilangebot
an Mubarak in Deutschland. Es ist noch kein Fortschritt, wenn ein
Diktator aus seinem Palast vertrieben wird. Fortschritt ist erst,
wenn die, die dort anschließend einziehen, besser für das eigene Volk
und den Weltfrieden sind, als der verjagte Despot.
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Trierischer Volksfreund
Thomas Zeller
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