Wer vor dem Internet-Zeitalter eine
wissenschaftliche Arbeit verfasst hat, dem blieb nichts anderes
übrig, als mühsam Sekundärliteratur heranzuschleppen. Heute lässt
sich jeder Sachverhalt in kurzer Zeit „googlen“, den Gang in die
Bibliotheken können sich Studenten und Doktoranden oft genug sparen.
Und wenn sich eigene Ideen bei dieser Informationsflut trotzdem (oder
deswegen) nicht einstellen – wie verführerisch ist es da, Copy und
Paste zu betätigen. Doch so leicht es ist, geistiges Eigentum zu
kopieren, so leicht ist es, Schummler zu überführen. Auch Plagiate
lassen sich „googlen“. Vielleicht dachte Annette Schavan, als sie
sich von Theodor zu Guttenberg abwendete (was ihn letztlich zu Fall
brachte), wer nicht mit Copy und Paste kopiert habe, dem sei kein
Vergehen nachzuweisen. Ein Irrtum: Es ist einfach nur mühsamer. Nun
trifft es ausgerechnet Annette Schavan, die weder mit großen Gesten
(Guttenberg) noch kurzen Röcken (Koch-Mehrin) blendet, sondern
trocken und sachlich Politik macht. Über das Gewissen (!) hat die
Theologin promoviert, und dabei sind ihr, so der Verdacht, an einigen
Stellen die eigenen Gedanken ausgegangen. Natürlich verleitet das zu
allerlei Spott, Häme und Rücktritts-Aufforderungen. Denn wenn es in
der Union noch ein ehrliches Fundament gibt, dann verkörpert es
Annette Schavan. Nun wackelt das Fundament. Mal sehen, wie es
weitergeht.
Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 – 804 6519
zentralredaktion@waz.de