WAZ: Das FDP-Wunder von der Waterkant. Kommentar von Christian Kerl

Die FDP kann es also doch noch schaffen,
Schwarz-Gelb aber nicht. Das Wahlergebnis von Kiel ist für die
Berliner Koalition so zwiespältig wie es für Rot-Grün hinter den
Erwartungen zurückbleibt. Immerhin, die FDP kann hoffen: Viermal in
Serie ist sie zuletzt aus Landtagen geflogen, in Kiel hat sie mit dem
schillernden Kandidaten Kubicki und auf Gegenkurs zur Bundespartei
doch wieder genug Wähler angelockt. Das Wunder von der Waterkant
rettet die Partei aber noch nicht. Auch wenn sich der Erfolg in NRW
fortsetzen sollte: Der Überlebenskampf auf Bundesebene geht weiter,
dort steht die FDP viel schlechter da. Parteichef Rösler, der mit dem
Kieler Triumph nichts zu tun hat, ist irreparabel beschädigt. Seine
Ablösung ist zwingend, wird die Partei aber noch Monate beschäftigen.
Für die Berliner Koalition heißt das: Die befürchteten
Panikreaktionen der FDP, die zum Bruch hätten führen können, werden
zwar ausbleiben. Doch aus der Krise kommt die Koalition nicht mehr
heraus. Kiel bestätigt einen Trend, der auch die Bundestagswahl
bestimmen dürfte: Für Union und FDP reicht es nicht mehr. Rot-Grün
andererseits verhindern die Piraten. Eine Große Koalition wird
wahrscheinlich – wenn die Parteien nicht den Mut zu neuen Bündnissen
finden. Es bewegt sich schon was, etwa in Richtung Ampel: FDP-Mann
Kubicki hat im Wahlkampf für Lohnuntergrenzen und höhere
Spitzensteuersätze geworben. So sozialliberal war die FDP lange nicht
– so erfolgreich auch nicht.

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