So nett lobend wie Leutheusser-Schnarrenberger hat
noch selten jemand seinem Parteichef den Rücktritt nahegelegt. Bloß,
dass sie den „exzellenten“ Lindner als Heilsgestalt ansieht, klingt
dann nicht mehr nett, sondern als Zeichen: Westerwelle, jetzt geh!
Doch hängt der FDP-Absturz wirklich so eng mit Chef Westerwelle
zusammen? Die größte Selbstbetrug war der Glaube, der fast
15-prozentige Erfolg bei der Bundestagswahl sei durch (FDP-) liberale
Überzeugung der Wähler zustande gekommen. Was wirklich ins Gewicht
fiel, waren das Steuerversprechen, die damalige Strahlkraft eines
aufbruchsstark wirkenden Westerwelle und eine verbreitete
Volkspartei-Verdrossenheit. Wenn die FDP nun dem parlamentarischen
Exitus zustrebt, ist es nicht neu in ihrer Geschichte, doch diesmal
ernst. Sie hat in der Regierung enttäuscht; auch finden ihr bisher
zugeneigte bürgerliche Kreise jetzt die Grünen frischer, frecher,
attraktiver. Lindner allein wird es nicht richten. Die FDP muss
Wähler davon überzeugen: Dieser Staat braucht als Korrektiv eine
profilscharfe, bürgerrechts-orientierte liberale Partei.
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