Es war kein glimpflicher Ausgang. Die
Traumatisierung eines Kleinkindes ist, ungeachtet noch möglicher
weiterer körperlicher und seelischer Schäden, von denen wir nichts
wissen, schlimm genug. Aber die Entführung auf dem Hamburger
Wochenmarkt im Juni 2011, die jetzt bekannt wurde und die die
Hansestadt erregt, hätte mit dem Tod des Kindes enden können. Dass
dies nicht passierte, ist Zufall, „Glück“ oder auch einfach Gottes
Fügung. Der Vorgang verpflichtet umso mehr zur Nachfrage. Wie ist es
möglich, dass eine „tickende Zeitbombe“, wie der Gutachter den
16-jährigen Täter später beschrieb, frei her-umlief? Durfte es sein,
dass das Gladbacher Jugendamt, Vormund des Jugendlichen, bundesweit
gesucht hat und keinen geschlossenen Therapieplatz finden konnte? Im
Bürgerlichen Gesetzbuch steht im Paragrafen 1631 b, dass diese Art
der Unterbringung „insbesondere zur Abwendung einer erheblichen
Selbst- und Fremdgefährdung erforderlich ist“. Sie muss vom Gericht
genehmigt werden. Die richterliche Genehmigung lag vor. Dann aber war
der Staat nicht in der Lage, das eigene Gesetz zu vollziehen. Es gab
– und gibt – nicht genug Plätze dafür. Es ist peinlich für die
Glaubwürdigkeit des Gesetzgebers. Und es ist gefährlich, weil der
Staat eine Schutzpflicht hat, auf die sich Eltern verlassen können
müssen.
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