WAZ: Das Land hat die Städte geschröpft. Kommentar von Theo Schumacher

Der Streit um den Solidarpakt ist um eine Variante
reicher. Während Rathaus-Chefs aus dem Ruhrgebiet über eine zu hohe
Beteiligung ihrer Städte an den Kosten für den Osten schäumen, stellt
sich mal eben heraus, dass das Land sie bei der Berechnung der
Einheitslasten über den Tisch ziehen wollte. Nichts anderes hat das
Verfassungsgericht festgestellt. Spötter könnten sagen: So sieht es
also aus, wenn das Geld „nach Himmelsrichtung“ fließt. Es geht nach
Düsseldorf. Was die Richter verworfen haben, ist ein
finanzpolitischer Klassiker. Denn die Großen haben sich schon immer
am liebsten bei den Kleinen bedient. Die frühere schwarz-gelbe
Regierung tat sich besonders unrühmlich hervor und kassierte dafür
gestern nicht zum ersten Mal eine Klatsche in Münster. In den
90er-Jahren hatte auch Rot-Grün den Städten zu viel Geld für die
Finanzierung der Einheit abgenommen – nach einer Berechnungsmethode,
an der CDU und FDP vor zwei Jahren gern festhielten. Dass der
brisante Urteilsspruch kurz vor der Landtagswahl am 13. Mai erging,
mag manchem unglücklich erscheinen, ließ sich aber nicht ändern.
Wichtiger ist, dass jetzt neu kalkuliert wird. Die umstrittenen
Milliarden stehen vorerst nur auf dem Papier und sind noch nicht
geflossen. Aber sie müssen bis zum Jahr 2019 aufgebracht werden. Wie
es aussieht, diesmal auf Kosten des Landes.

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