WAZ: Der Staat muss locken
– Kommentar von Dietmar Seher

Vater Staat war immer ein begehrter Arbeitgeber. Mit
guter Bezahlung, geregeltem Aufstieg, sicherem Arbeitsplatz. Beamtet
zu sein. Das war was. Davon träumten ganze Generationen. Die
Erfolgsstory aus der Zeit des Wirtschaftswunders ist lange zu Ende.
Der Staat stellt heute mehr Angestellte als Beamte ein, und
Angestellte sind kündbar. Das Laufbahnsystem gilt als unflexibel.
Erschöpfung gilt als häufige Ursache für Frühpensionierungen. Gerade
im Polizeidienst ist die Bezahlung angesichts der Herausforderungen
des Einsatzes eher schäbig. Mag die Altersversorgung noch ein Plus
sein. Aber sie alleine lockt nicht die nötigen jungen Spezialkräfte.
Der Lebensmittelchemiker, der das Gammelfleisch aufspüren soll, geht
lieber gleich zu den Konzernen. Dabei braucht Deutschland den
öffentlichen Dienst. Nicht, um in Amtsstuben Stempel zu drücken. Aber
dort, wo der freiheitliche Staat Kontrolle ausüben muss. Staatsjobs
per neues Gesetz besser auszustatten, ist eine zeitgemäße Idee. Ob
das, was als Entwurf vorliegt, ausreicht, ist jedoch offen. Nötige
Arbeit muss gut bezahlt werden. Die öffentlichen Kassen aber sind
klamm.

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