WAZ: Düsseldorfer Dilemma – Kommentar von Tobias Blasius

Die erste Minderheitsregierung in
Nordrhein-Westfalen werde sich als „belebendes Element des
Parlamentarismus“ erweisen, wurde bei Amtsantritt der ungewöhnlichen
Konstellation frohlockt. Rot-Grün ohne absolute Mehrheit – das
eröffne eine nie dagewesene Chance auf parteiübergreifendes Ringen um
die beste Idee, so manch optimistische Vorhersage. Welch ein Irrtum.
Spätestens seit dem unwürdigen Ringen des Landtags um die Zukunft der
WestLB wirkt der Vorrat an Gemeinsamkeiten zwischen der
Minderheitsregierung und der größten Oppositionspartei CDU vorerst
aufgezehrt. Das parlamentarische Grundvertrauen ist erschüttert. Es
gehört aber zum Düsseldorfer Dilemma, dass Rot-Grün und Union wohl
noch vier Jahre in einer Art Schicksalsgemeinschaft
aneinandergekettet bleiben. Immer wenn der Minderheitsregierung die
Linkspartei als Mehrheitsbeschaffer verloren geht, richtet sich der
Blick unweigerlich auf die Christdemokraten. Die Union droht dabei
zerrieben zu werden zwischen dem Ruf nach staatspolitischer
Verantwortung und dem Selbstverständnis kantiger Oppositionsarbeit.

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