In der Affäre um Christian Wulff geht es nicht mehr
nur um einen fragwürdigen Kredit, gesponserte Urlaubsreisen oder
haarspalterische Einlassungen Wulffs. Inzwischen droht die
Institution des Bundespräsidenten insgesamt Schaden zu nehmen. Horst
Köhler, Wulffs Vorgänger, warf bei der ersten scharfen Kritik an
seiner Person hin. Statt um seine Reputation und damit auch um das
Amt zu kämpfen, zog er sich schmollend ins Private zurück. Damit
entwertete Köhler das Amt. Auch Wulff, der nur scheibchenweise mit
Einzelheiten in der Affäre herausrückt, nimmt mit seinem taktierenden
Verhalten in Kauf, dass die Institution des Bundespräsidenten
beschädigt wird. Träte nach dem neunten auch der zehnte
Bundespräsident zurück, ein Eckpfeiler unserer Demokratie wäre
nachhaltig geschwächt. Der Bundespräsident macht keine Gesetze, gibt
nicht bei Gipfeltreffen die Linie vor. Seine Macht besteht in seiner
Person, seiner Reputation. Gleichwohl besitzt er Einfluss. Sein Wort
hat Gewicht. Das haben Präsidenten wie Richard von Weizsäcker und
Johannes Rau eindrucksvoll bewiesen. Der Bundespräsident Wulff wird
sich zu Weihnachten mit einer Ansprache an die Bürger wenden. Hat er
ihnen noch etwas zu sagen? Und hören sie ihm noch zu?
Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 – 804 6519
zentralredaktion@waz.de