Wenige Tage vor Inkrafttreten der grundlegend
reformierten Sicherungsverwahrung für Schwerverbrecher ist
Nordrhein-Westfalen weiterhin auf der Suche nach einer geeigneten
geschlossenen Einrichtung für diese Gewalt- und Sexualstraftäter. „Es
wird zunächst eine Übergangslösung geben. Mittelfristig wird jedoch
eine eigene Einrichtung geschaffen“, sagte Justizminister Thomas
Kutschaty (SPD) den Zeitungen der WAZ-Gruppe (Dienstagausgabe.
Innerhalb der Landesregierung ist bislang strittig, ob Kutschatys
Justizministerium oder das Gesundheitsressort von Barbara Steffens
(Grüne) die neuartigen Therapieplätze federführend organisieren muss.
Es gehe dabei um Verantwortlichkeiten und Budgetfragen heißt es dazu
aus Regierungskreisen. In der Diskussion ist auch eine gemeinsame
Einrichtung mit anderen Bundesländern. Kutschaty trat Spekulationen
entgegen, das Zuständigkeitsgerangel könnte zu Lasten der Sicherheit
gehen: „Seien Sie sicher: Wenn Zivilgerichte von Januar an auf Antrag
der kommunalen Ordnungsbehörden die Unterbringung von ehemals
Sicherungsverwahrten anordnen, wird das Land diese Plätze zur
Verfügung stellen“, so der Justizminister zu unserer Zeitung.
Schwerkriminelle, die nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs
für Menschenrechte vom 17. Dezember 2009 eigentlich freizulassen
sind, sollen ab Januar unter bestimmten Bedingungen als „psychisch
gestört“ in neue Einrichtungen eingewiesen werden können. Diese
dürfen aber weder Gefängnis noch Psychiatrie sein. Derzeit sind
landesweit in den beiden Justizvollzugsanstalten Werl und Aachen 133
Schwerverbrecher in Sicherungsverwahrung untergebracht. In 16 Fällen
musste in Folge des europäischen Richterspruchs bereits die
Freilassung angeordnet werden. Bis 2020 könnten 50 weitere Häftlinge
folgen. Justizminister Kutschaty rechnet nicht damit, dass mit der
neuen Sicherungsverwahrung alle Schwerverbrecher dauerhaft hinter
Gittern gehalten werden können: „Aber wir werden immerhin einen Teil
potenziell gefährlicher Menschen in einem neuen gesicherten Bereich
unterbringen können.“ Ende November hatte der Übergriff eines
entlassenen Sexualverbrechers auf ein zehnjähriges Mädchen in
Duisburg die Landespolitik alarmiert.
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