Willkommen im Netz, Herr Ramsauer. Eigentlich hätten
wir ja eher Ihrer Internet-affinen Chefin Angela Merkel die Premiere
zugetraut, ein Gesetz online zu produzieren. Und erst recht den
Piraten, sollten sie irgendwann erste Regierungsverantwortung
ausüben. Jetzt aber bastelt der Verkehrsminister als erster seine
neuen Regeln für die Flensburger Verkehrssünderdatei am Bildschirm
zusammen. Alle 53 Millionen Führerscheinbesitzer können mitreden.
Wenn sie wollen. Das Stück Bürgerbeteiligung beim Gesetzmachen, das
seit dem 1. Mai möglich ist, darf ruhig ein großes Vorbild genannt
werden für die künftige Alltagsarbeit im sonst spröden, genau
getakteten und weitgehend anonymen Gesetzgebungsapparat. Ob Rente,
Vorratsdaten oder eben Punktekonto: Die Regierung kann sich Volkes
Stimme online holen. Das geht praktisch und schneller als in Umfragen
und in unverbindlichen Volksbegehren. Verzeihung, Herr Minister: Sie
haben die Idee bei den Piraten gut kopiert! Nur unterscheidet sich
Ramsauer auch wohltuend von den Urhebern: Volkes Stimme im Internet,
selbst wenn 53 Millionen Autofahrer ihre Meinung zur neuen
Sünderdatei sagen, ist nur ein Ausschnitt der Stimmung. Der wird nie
die Entscheidung des Parlaments ersetzen können. Dort liegt die
Fachkompetenz und – wichtiger: die Verantwortung.
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