WAZ: Hohn für die RAF-Opfer – Kommentar von Dietmar Seher

Zwischen 1971 und 1991 wurden 36 Menschen Opfer der
RAF. Man brachte sie um unter dem Vorwand einer verqueren Ideologie,
in Verblendung, aus purem Hass. Aber auch wenn der Terror am Ende
unter dem Fahndungsdruck zusammenfiel, die RAF-Reste sich 1998 selbst
aufgaben: Zu viele ihrer Mitglieder konnte die Justiz der konkreten
Mordtat nicht überführen. Der Tod von Siegfried Buback, dem
Generalbundesanwalt, der im „deutschen Herbst“ auf einer Karlsruher
Kreuzung verblutete, bleibt in diesem Sinn ungesühnt. Verena Becker
geht als Mittäterin in Haft. Sie büßt nicht als Mörderin. Michael
Buback, der Sohn, der vor Gericht so verbissen gegen Becker und die
heutige Bundesanwaltschaft gleichermaßen um Aufklärung focht, wird
damit leben müssen. Ihm ist Frieden zu wünschen. Frieden brauchen
auch die Väter, Mütter, Partner und Kinder anderer RAF-Opfer. Wer
sind die Mörder von Kurt Beckurts und Alfred Herrhausen, Gerold von
Braunmühl und Detlev-Karsten Rohwedder? Wird die „dritte Generation“
der Terroristen je bekannt? Wohl nicht, so lange die „omertà“ der
überlebenden Kader gilt – das Schweigegelübde derjenigen, die noch
alles wissen, die Einsicht vortäuschen, die aber nichts reut und die
nichts sagen. Dass ein Stück Geschichte im Dunkeln bleibt, damit kann
das Land leben. Aber verhöhnen Sie, Frau Mohnhaupt oder wie Sie heute
unter dem Decknamen heißen mögen, die Opfer nicht ein zweites Mal?

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