Die Zeit drängt. In elf Monaten gilt der
Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kleinkinder mit ein oder
zwei Jahren. Eine Protestwelle der Eltern ist schon jetzt garantiert,
weil der Bedarf an U3-Plätzen nicht nur in Großstädten deutlich höher
ausfällt als die am grünen Tisch geplanten 32 Prozent. Dabei liegt
selbst dieses Minimalziel in vielen Gemeinden im Wunschbereich. Der
gestrige Krippengipfel in NRW war deshalb auch eine Panikreaktion auf
die drohende Versorgungslücke. Ministerin Schäfer will Kommunen und
Kita-Träger in Mithaftung nehmen, bevor die Wogen höher schlagen.
Schließlich scheitern Ausbauprogramme schon allein daran, dass in der
Kürze der Zeit nicht genügend Erzieher eingestellt werden können, um
den Mehrbedarf zu decken. Im Bundestagswahljahr 2013 dreht der Bund
den Geldhahn noch einmal auf, um die politisch angestrebte
Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erleichtern. Parallel senkt
NRW auf Drängen der Kommunen und Kreise Standards und lässt mit
Provisorien in der Not auch mal fünf gerade sein. Das Zauberwort
„pragmatisch“ dürfte Kritiker bald auf den Plan rufen. Gruppengrößen
von bis zu 15 Unter-Dreijährigen sind sicher grenzwertig, wenn
Betreuung nicht zu Verwahrung werden soll. Bedarf und Versorgung mit
U3-Plätzen sind regional sehr unterschiedlich. Deshalb sind
passgenaue Lösungen für Großstädte wie ländliche Regionen überfällig.
Die Politik muss sich vorhalten lassen, dass sie den Bedarf an
U3-Plätzen jahrelang unterschätzt hat. Junge Familien benötigen
Betreuungsangebote, um beruflich aktiv zu bleiben. Die weiter
sinkende Geburtenrate ist deshalb auch ein Indiz für die
unzureichenden Angebote zur Betreuung von Kleinkindern. Zumindest
beim Ziel des Ausbaus der Kita-Plätze sind sich die Parteien einig.
An Aktionismus oder wechselseitigen Schuldzuweisungen der Politiker
wegen der schleppenden Fortschritte sind Eltern nicht interessiert.
In den nächsten elf Monaten geht es allein darum, Worten Taten folgen
zu lassen.
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