WAZ: Niemand hat etwas zu verschenken. Kommentar von Gregor Boldt

Wer auf einen Betrüger bei Kaffeefahrten hereinfällt
und sich eine völlig überteuerte Magnetfeld-Unterlage fürs Bett
andrehen lässt, die keinen gesundheitlichen Nutzen hat, ist selber
schuld. Meint man. Doch das ist zu einfach. Meist sind es ältere
Menschen, die das vermeintlich kostenlose Angebot für einen Ausflug
inklusive Kaffee und Kuchen nutzen. Viele von ihnen sind einsam und
dankbar für Abwechslung. Genau diese Lage nutzen die Verkaufsprofis
dann in entlegenen Landgasthöfen aus. Sie geben den Senioren das
Gefühl, Gewinner zu sein – notfalls mit Nachdruck – und zocken sie
ab. Geschäftemacher, die die Unsicherheit und Einsamkeit älterer
Menschen ausnutzen, gehören härter bestraft. Die Länder-Initiative
ist deshalb ein richtiger Ansatz für eine notwendige neue Regelung.
Allerdings wird auch sie das Phänomen der Kaffeefahrten nicht
vollständig verdrängen. Die Betrüger werden wieder Wege finden,
Menschen hinters Licht zu führen. Wer nicht dazugehören will, sollte
bei einem entsprechenden Angebot im Briefkasten bedenken, dass
niemand etwas zu verschenken hat.

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