WAZ: Längst überfällig
– Kommentar von Rolf Kiesendahl

Respekt, Herr zu Guttenberg. Über die
Selbstinszenierung am Hindukusch samt Ehefrau und Talkshow kann man
trefflich streiten. Die größte Reform in der Geschichte der
Bundeswehr verdient dagegen verschärfte Anerkennung. Faktisch hat
Deutschland demnächst eine Berufsarmee, bestehend aus gut
ausgebildeten Soldaten. Die werden gebraucht, denn der
lebensgefährliche Einsatz in den Krisenregionen weltweit kann nicht
von Wehrpflichtigen geleistet werden, die nur sechs Monate Dienst am
Vaterland schieben. Dabei herrschte längst gesellschaftlicher Konsens
für eine Profi-Truppe. Dass sie erst jetzt kommt, lag an
konservativen Kräften. Und an Landesfürsten, die um zigtausende
Arbeitsplätze an ihren Bundeswehr-Standorten bangen. Gegen sie alle
hat sich der Verteidigungsminister durchgesetzt. Die Kehrseite der
Tapferkeitsmedaille: Ab März 2011 werden auch Zivildienstleistende
nicht mehr gegen ihren Willen eingezogen. Ein Verlust für
Krankenhäuser oder Altenheime. Ein Bundesfreiwilligendienst kann das
Problem kaum lösen. Besser wäre es, viele junge Leute für ein
soziales Jahr zu gewinnen. Eine Lebenserfahrung, die zählt.

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