WAZ: Merkels Energiewende. Kommentar von Miguel Sanches

Den gestrigen Montag sollte man im Kalender mit
rotem Filzstift unterstreichen. Denn er markiert – innenpolitisch –
eine Zäsur. Am 14. März 2011 hat sich Angela Merkel mit Murphys
Gesetz abgefunden. Es besagt, dass alles, was schief gehen kann,
irgendwann schief gehen wird. Wie gerade in Japan. Für eine
technikgläubige, rationale Frau ist diese Erkenntnis ein politischer
Quantensprung.

Seit gestern gibt es in Deutschland nur noch grüne Parteien. Sie
unterscheiden sich bloß in den Grüntönen. Die Dunkelgrünen muss man
nicht extra vorstellen; sie sind in ihrem Element. Die hellgrüne
Variante ist die FDP. Ihr Chef Guido Westerwelle hat betont, dass die
Regierung mit der Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraft keine
Garantie für jeden Meiler gegeben hat. Wenn es nicht so ernst wäre,
müsste man lachen. Warum, Guido Westerwelle, ist der Ausstieg
überhaupt verzögert worden?

Die Koalition hält inne. Die Katastrophe in Japan lässt sie nicht
kalt, und der drohende Untergang bei den nächsten Wahlen auch nicht.
Dabei folgt die Kanzlerin ihrem Lehrmeister Helmut Kohl. Der war im
April 1986 Kanzler, als es zum GAU in Tschernobyl kam, und Kohl
reagierte darauf mit der Bildung des Umweltministeriums. Auch Merkel
setzt ein Signal mit der dreimonatigen Pause für die Verlängerung der
Laufzeiten der deutschen Atomkraftwerke. Von der Kanzlerin hängt
vieles ab. Aber wahr ist auch, dass ihr in letzter Zeit jedes
Brötchen mit der Marmeladenseite nach unten auf den Boden fällt. Es
macht die Sache nicht einfach, dass sie mit Norbert Röttgen einen
Umweltminister hat, der in den drei Monaten an zwei Fronten gefordert
sein könnte: in der Atomdebatte und in NRW. Das kann schief gehen.

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