Die nordrhein-westfälische SPD arbeitet an der
Abschaffung des Hartz-IV-Systems. „Wir brauchen eine große
Sozialstaatsreform, die dann auch nicht mehr den Namen eines
verurteilten VW-Managers tragen darf. Ich wünsche mir, dass aus der
nordrhein-westfälischen SPD heraus dafür ein Modell entwickelt wird,
das soziale Sicherheit und Leistungsgerechtigkeit endlich wieder in
Einklang bringt“, sagte Landtagsfraktionschef Thomas Kutschaty der in
Essen erscheinenden Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ,
Montagausgabe).
Die Partei müsse sich ehrlich machen, forderte Kutschaty: „Die SPD
kann bis heute nicht erklären, warum der 49-jährige Facharbeiter nach
einem Jahr Arbeitslosigkeit genauso behandelt wird wie der
25-Jährige, der noch keinen Tag in seinem Leben gearbeitet hat. Das
hat das Gerechtigkeitsempfinden unserer Anhänger tief verletzt.“
Kutschaty, der im April gegen den Widerstand einflussreicher
SPD-Größen in NRW zum Landtagsfraktionschef gewählt wurde, hatte
schon beim Landesparteitag Ende Juni dazu aufgerufen, mit der Politik
von Ex-Kanzler Gerhard Schröder zu brechen und dessen damalige
Arbeitsmarkt-Reformen zu widerrufen. Angesichts der dramatischen
Umfrage-Misere der SPD gilt die sozialpolitische Kehrtwende als
Versuch, abgewanderte Stammwähler gerade im Ruhrgebiet
zurückzugewinnen. SPD-Vizekanzler Olaf Scholz hatte sich dagegen
mehrfach gegen die Abschaffung von Hartz IV ausgesprochen.
Er sei seit 13 Jahren Berufspolitiker, sagte Kutschaty weiter,
„und es vergeht seither kein Tag, an dem ich nicht von unseren
Mitgliedern und Anhängern auf Fehlentwicklungen durch die
Hartz-Reformen angesprochen werde. Dann muss man auch endlich den Mut
haben zu sagen: Wir ändern das. Und zwar ohne Freibier für alle zu
versprechen.“
Kutschaty ließ zunächst offen, ob die geplante Sozialstaatsreform
von der NRW-SPD als Antrag für einen Bundesparteitag oder mit Hilfe
einer Expertenkommission erarbeitet wird. Als Stellschraube gilt die
Bezugsdauer von Arbeitslosengeld I, die bei Menschen mit langjähriger
Erwerbsbiografie auf bis zu 36 Monate ausgeweitet werden soll. Zudem
sind Korrekturen beim sogenannten Schonvermögen im Gespräch, damit
erkrankte oder unverschuldet arbeitslos gewordene Menschen nicht mehr
ihre gesamten Ersparnisse aufzehren müssen.
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