WAZ: Peinliches Geschacher – Kommentar von Daniel Freudenreich

Man stelle sich vor: Im Herbst platzt die Koalition
und es gibt Neuwahlen. Dann steht Deutschland am Rande einer
Staatskrise, weil es kein gültiges Wahlgesetz gibt. Das
Bundesverfassungsgericht müsste den neu gewählten Bundestag wieder
auflösen – oder selbst eingreifen und provisorische Regeln für den
Urnengang schaffen. Es ist beschämend, dass die Koalition bis heute
kein neues Wahlrecht verabschiedet hat – obwohl die Verfassungshüter
dazu drei (!) Jahre Zeit gegeben haben. Das Parlament hat auch schon
andere Fristen des BVG verstreichen lassen, doch hier geht es um
einen Grundpfeiler unserer Demokratie. Zu lange haben Union und FDP
geschachert, bis sie jüngst einen umstrittenen Kompromiss gefunden
haben. Die SPD hat Recht, wenn sie versucht, Schwarz-Gelb hier Beine
zu machen. Ob der Gang nach Karlsruhe geeignet ist, ist fraglich. Die
Verfassungshüter urteilen nicht von jetzt auf gleich. Wünschenswert
wäre ein Kompromiss aller Parteien. Fakt ist: Das Gesetz muss rasch
kommen. Ein Urnengang, für den Karlsruhe die Regeln aufstellen
müsste, wäre schädlich für das Ansehen des Parlaments.

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