WAZ: Sicherheit geht vor
– Kommentar von Tobias Blasius

Es wird künftig deutlich schwerer, eine Haftstrafe
nach der Haftstrafe zu verhängen. So will es der Europäische
Gerichtshof für Menschenrechte. Daran ändert auch jene grundlegende
Reform der Sicherungsverwahrung für Schwerverbrecher nichts, die im
Januar in Deutschland in Kraft treten soll. Sie ist allenfalls ein
juristischer Kunstgriff aus gesetzgeberischer Hilflosigkeit.
Bestimmte Täter, die nach dem Urteil der Straßburger Europa-Richter
eigentlich freizulassen sind, können mit gutachterlicher Hilfe von
Zivilrichtern als „psychisch Gestörte“ weiter hinter Schloss und
Riegel gehalten werden. Ist die Freilassung nicht zu verhindern, sind
elektronische Fußfesseln möglich. Es ehrt den NRW-Justizminister
Kutschaty, dass er freimütig auf die Grenzen all dieser Regelungen
hinweist. Die neue Sicherungsverwahrung kann eben nicht so
„verschlusssicher“ sein wie die alte, weil auf Straßburger Geheiß nun
die individuellen Freiheitsrechte der Täter stärkere Beachtung finden
müssen. Die Landesregierung steht nun in der Pflicht, aus diesen
veränderten Rahmenbedingungen das Bestmögliche für die Sicherheit der
Bürger zu machen. Die Zeit drängt.

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