WAZ: Weihnachtsfriede bei der Bahn – Kommentar von Dietmar Seher zur Tarifeinigung

Vielleicht waren sie am Ende alle erschöpft. Die
Streikenden der Lokführergewerkschaft, die an den Tagen des
Ausstandes mit gerade 50 Euro für sich und ihre Familien hinkommen
mussten. Die Chefetage der Bahn, die zugucken musste, wie Ruf und
Einnahmen des größten Staatsbetriebs von Tag zu Tag hinschmolzen.
Auch: die Reisenden, Pendler, die Wirtschaft. Sie mussten die
Hauptlast des ungewöhnlichen Arbeitskampfes tragen.

Jetzt also: eine Einigung im Trippelschritt. Ob diese den
„Durchbruch“ bringt, von dem Claus Weselsky redet? Das ist offen.
Aber der Grundtenor der Vereinbarung deutet eher auf ein grünes
Signal hin: Die Bahn muss schlucken, dass alle GDL-Mitarbeiter mit
dem Zuschlag bedient werden. Die streikfreudigen Lokführer
akzeptieren, dass die Bahn einheitliche Tarifverträge für alle
Mitarbeiter will.

Was noch fehlt: Die Zusage der Politik, das geplante,
verfassungsrechtlich kritische Tarifeinheitsgesetz auf ein Nebengleis
zu schieben. Die Tarifpartner in Deutschland brauchen es erst einmal
nicht. Es herrscht jetzt Weihnachtsfrieden.

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