WAZ: Weniger Internet für mehr Sicherheit. Kommentar von Dietmar Seher

Man muss wohl Mitglied im Chaos Computer Club (CCC)
sein, um so einen Gedanken ungestraft zu wagen: „Können wir nicht,
statt Homebanking zu machen, einmal pro Woche zur Bank laufen? Muss
die Steuerung der Hochöfen wirklich so vernetzt sein, dass sie
angreifbar wird?“, fragt Tobias Fiebig vom CCC in Düsseldorf. Er
fordert: „Wir müssen die Täuschbarkeit der Bevölkerung reduzieren“.
38 Prozent der erwachsenen deutschen Online-Nutzer sind in den
letzten zwölf Monaten Opfer einer Internet-Straftat geworden. Nur
jeder zehnte ist das in der „realen“ Welt. Die Experten des
Landeskriminalamtes fürchten sogar eine elektronische Sabotage an
unseren wirtschaftlichen Lebensadern. Der Siegeszug des globalen
Leitmediums ist nach 15 Jahren noch ohne strafrechtlich brauchbare
Regeln. Selbst den Missbrauch des Netzes für schwerstkriminelle Taten
– wie die Vergewaltigung von Babys vor laufender Kamera – bremst
niemand aus. Täter steuern das Abscheuliche vom Ausland, sie sind
nicht zu packen. Bleibt also nur die verschärfte Vorsicht, sogar der
partielle Rückzug aus dem Netz, um Schaden zumindest am persönlichen
Eigentum zu vermeiden? Solange kein Gesetzgeber wirksam multinational
operieren kann: Ja. Jeder kennt Stellen in seinem Tagesablauf, die
das Zurückschalten in den Modus erlauben, der vor der Erfindung des
Internets Alltag war. Was im Fall der Geldüberweisung bedeutet:
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