Weihnachtsbotschaft des Vorsitzenden des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland,Präses Nikolaus Schneider

„Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkünde euch
große Freude, die allem Volk widerfahren wird: Euch ist heute der
Heiland geboren!“

Diese Engel-Botschaft zeugt seit mehr als 2000 Jahren von dem
großen Licht, das Gott für die Dunkelheit der Welt und für alle
Dunkelheiten im Leben der Menschen leuchten lässt.

Aber auch 2000 Jahre nach Christi Geburt ersterben Hoffnung und
Freude von Menschen an verschuldetem und unverschuldetem Leiden, an
Lieblosigkeit, in Ängsten und in gefühlter Gottesferne. Auch
Jahrhunderte nach der Ausbreitung des Christentums über die ganze
Welt zeigt unsere Welt noch immer – und immer wieder neu – eine
blutige Spur von Terror und Krieg, von Egoismus und
Selbstherrlichkeit, von Folter, Hunger, Ausbeutung und Tod.

Blicken wir auf unser eigenes Land. Wir nehmen Zeichen einer
wachsenden Entsolidarisierung wahr. Menschen und Interessengruppen
suchen ihre Vorteile auf Kosten anderer, das gemeinschaftliche Wohl
„allen Volkes“ gerät uns aus dem Blick. Nur zu oft nehmen wir die
Wunden, die uns in diesem vermeintlich „freien“ Spiel der Kräfte
geschlagen wurden, zum Vorwand, um eigene egoistische
Verhaltensweisen zu rechtfertigen. Verzichten um anderer Menschen
oder um der Bewahrung der Schöpfung willen, nach Gerechtigkeit statt
nach Selbstverwirklichung suchen – wie schwer fällt uns das! Blicken
wir auf unsere Ängste, Abhängigkeiten und zerplatzten Lebensträume,
auf die für „Normalbürger“ nicht zu durchschauende finanzpolitische
Lage, auf so viele vergebliche Versuche, Kinderarmut und
Flüchtlingselend nachhaltig „in den Griff zu kriegen“, dann drängt
sich doch die Frage auf:

Hat der Engel des Herrn mit seiner Freudenbotschaft wirklich uns,
unser Volk und unsere Welt gemeint?

Im eigenen Erleben und im Mit-Erleben von Versagen, Unrecht,
Gewalt und Naturkatastrophen mag uns die Engel-Botschaft nur zu
leicht als ein frommes, aber leider weltfremdes Märchen erscheinen,
als eine billige, aber leider wenig hilfreiche Vertröstung.

Doch die Engel-Botschaft verspricht den Menschen und „allem Volk“
kein leidfreies Leben und keine perfekte Welt. Die Weihnachtsfreude
der Engel-Botschaft gründet sich in der Gewissheit: Gott lässt
Menschen nicht allein in den Dunkelheiten ihres Lebens, auch nicht in
der Dunkelheit des Todes. Jesus Christus zeigt uns den Weg, in dieser
unheilen Welt von Gott gesegnet zu leben und im Frieden mit Gott zu
sterben.

„Euch ist heute der Heiland geboren!“ zaubert uns kein
problemloses Leben und keine problemlose Welt herbei.

Aber diese Botschaft schenkt uns inmitten aller Probleme und
offenen Fragen – und auch in allem Leiden – Freude, Hoffnung und
Zuversicht, so dass wir im Blick auf unseren Heiland immer von neuem
Schritte wagen auf Wegen des Friedens und der Gerechtigkeit – zum
Heil für alle Welt!

Gesegnete Weihnachten!

Für die Richtigkeit:

Pressestelle der EKD Silke Römhild Hannover, 23. Dezember 2011

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