Als das Bildungspaket vor fünf Monaten
eingeführt wurde, war es nicht nur ein Hoffnungsschimmer für arme
Familien. Es war auch ein positives Signal für alle, die
Sozialpolitik als schwerfällig und unpragmatisch erlebten. Als etwas,
das mit der realen Lebenssituation von Menschen nicht viel zu tun
hat.
Das Bildungspaket wirkte dagegen frisch, zupackend und aus dem
wirklichen Leben. Die Idee: Hartz-IV-Familien, die sich keine
Nachhilfe für ihr Kind leisten können, sollen ein Formular ausfüllen,
und schon gibt es einen Gutschein. Das Geld wird nicht an die Eltern
gezahlt, sondern direkt ans Nachhilfeinstitut überwiesen. So sichert
man Chancengleichheit.
Theoretisch. Heute ist klar, dass das Bildungspaket an den
falschen Stellen unbürokratisch und an den richtigen immer noch viel
zu kompliziert ist. Beispiel Nachhilfeunterricht: Da muss die Schule
erst einmal nachweisen, dass sie selbst keinen Förderunterricht
anbietet oder ihr Angebot bereits ausgeschöpft wurde. Außerdem muss
nachgewiesen werden, dass das Erreichen des Klassenziels gefährdet
ist. Und zuletzt muss noch geklärt werden, dass das Kind zur
Lernförderung überhaupt geeignet ist. Wer das hört, fragt sich nicht
mehr, warum bislang so wenige Anträge eingegangen sind. Wer diesen
Bürokratie-Marathon durchzieht, muss schon hart im Nehmen sein.
Während an dieser Stelle zu viel geregelt wurde, fehlt an anderer
Stelle jegliche Struktur. Jobcenter und Sozialämter werden mit der
Umsetzung des Bildungspakets weitgehend allein gelassen. Die Probleme
beginnen schon bei der Frage, mit welcher Computersoftware sich die
vielen Überweisungen regeln lassen. Schließlich sollen die Zuschüsse
direkt an den Sportverein oder die Nachhilfeschule fließen. Das
hinzubekommen, ist Sache der Kommunen. Und wer weiß, ob das
Bildungspaket über 2013 hinaus noch weiter eine Rolle spielen wird.
Städte und Kreise müssen sich also gut überlegen, wie sehr sie jetzt
umplanen. Und auch wenn die Kommunen beteuern, dass sie das Geld sehr
gern „loswerden“ möchten: Dass die Anträge so schleppend eingehen,
hat aus ihrer Sicht auch sein Gutes. Der volle Ansturm wäre zum
jetzigen Zeitpunkt gar nicht zu bewältigen.
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