Westdeutsche Zeitung: Gerechtigkeit für betrogene Zahlväter = von Peter Kurz

Der Verdacht, ein Kuckuckskind großzuziehen,
hat Männer wohl schon zu allen Zeiten gequält. Mit Hilfe
gentechnischer Methoden lassen sich diesbezügliche Zweifel aber
mittlerweile leicht ausräumen. Zwar sind heimliche Vaterschaftstests
rechtlich tabu und in Prozessen als Beweismittel unverwertbar. Doch
haben Männer inzwischen die Möglichkeit, im offiziellen Verfahren die
Vaterschaftsfrage zu klären. Aber allein das Wissen, nicht der Vater
zu sein, reicht nicht immer aus. Das zeigt der vom Bundesgerichtshof
verhandelte Fall eines Mannes. Er hatte bereits Unterhalt gezahlt,
wollte nun aber von der Mutter des Kindes den Namen des Mannes haben,
der der Frau in der fraglichen Zeit „beigewohnt“ hatte, wie es im
blumigen Juristendeutsch heißt. Zivilrechtlich ist die Sache klar: Er
bekommt den für das Kind geleisteten Unterhalt vom Erzeuger ersetzt.
Doch dafür muss er erstmal dessen Namen wissen – und den rückte die
Frau nicht heraus. Für einen männlichen Kommentator wäre es gar zu
billig, sich einseitig auf die Seite des gehörnten Mannes zu
schlagen. Daher zunächst ein Versuch, auch die Frau zu verstehen:
Warum soll sie – gegenüber wem auch immer – ausplaudern, mit wem sie
Intimverkehr hat? Das ist doch allein ihre Sache. Allerdings ist hier
durchaus auch noch ein anderes Recht betroffen. Das Recht ihres
einstigen Partners, den Unterhaltspflichtigen in Erfahrung zu
bringen, der ihm Regress für den gezahlten Unterhalt schuldet. Ohne
Mitwirkung der Frau hätte er keinerlei Chance, an das ihm zustehende
Geld zu kommen. Das wäre wohl eine schlechte Rechtsordnung, die zwar
abstrakt einen Anspruch zugesteht, bei der Durchsetzung aber
unüberwindbare Barrieren aufbaut – und den Anspruchsberechtigten der
Willkür der Mutter des Kindes und des Erzeugers aussetzt. Wäre der
Frau das Geheimnis um die Identität des Erzeugers wirklich so
wichtig, hätte sie ja durchaus eine andere Möglichkeit: den großen
Unbekannten aufzufordern, ihr den vom Kläger geforderten Betrag zu
geben und dann anonymisiert weiterzuleiten. Doch weil sie offenbar
nicht mal zu dieser konstruktiven Lösung bereit war, ist die vom
Bundesgerichtshof ausgesprochene Verurteilung zur Auskunft nur
konsequent.

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