Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema Staatsschulden

Die westliche Welt stolpert von Krise zu Krise:
Erst Griechenland, heute Italien, und nun droht den USA die
Zahlungsunfähigkeit. Sollten sich Republikaner und Demokraten nicht
bald über die Schuldenpolitik einigen, müssten die USA ihre Zahlungen
einstellen; dann würden die Zinsen steigen, die Aktien fallen und die
Weltwirtschaft leiden. Unser aller Wohlstand steht auf dem Spiel. In
Europa geht die Angst um, auch Italien könnte die EU mit dem
Schulden-Virus infizieren. Denn Italien – die drittgrößte Wirtschaft
der Währungsunion – ist doppelt so hoch verschuldet wie die EU
erlaubt. Nun muss auch Bella Italia drastisch sparen. Sollte das Land
pleitegehen, wäre der heutige Euro-Rettungsschirm zu schwach. Dann
würden besonders viele deutsche Banken unter dem italienischen
Staatsbankrott leiden. Premierminister Silvio Berlusconi verspricht
zwar ein rigoroses Sparprogramm, doch dessen Umsetzung bleibt
fraglich. Zum Glück wollen die Europäer die Schuldenkrise gemeinsam
bewältigen: Sie sitzen im selben Boot und halten ideologische
Grabenkämpfe für überflüssig. Die Bundesregierung gibt sich
optimistisch: Die italienische Schuldenbremse werde greifen, für böse
Gerüchte sei kein Raum. Anders die Situation in den USA: Hier tobt
ein ideologischer Machtkampf zwischen der Obama-Regierung und den
Republikanern. Es ist Präsidentschaftswahlkampf, und die Opposition
will Barack Obama als verantwortungslosen Verschwender
diskreditieren. Steuererhöhungen für die Wohlhabenden kämen nicht in
Frage. Dass auch Obama rigoros sparen will und primär die
Steuererleichterungen und Schlupflöcher für die Reichen im Visier
hat, wird gern verschwiegen. Keinen zusätzlichen Cent für die
Regierung, dröhnt die Opposition. Präsident Obama steht unter Druck:
Sollte er Ausgaben für Renten, Krankenversicherungen oder Bildung
kürzen, könnte er seine Wähler verlieren. Die parteilosen
Wechselwähler spielen dabei eine besondere Rolle: Sie haben Obama
2008 mehrheitlich gewählt und verabscheuen politische Grabenkämpfe
auf Kosten des »kleinen Mannes.« Die republikanische Blockade könnte
somit dem Präsidenten nützen: Bleiben die Republikaner kompromisslos,
könnte er ihnen die Zahlungsunfähigkeit ankreiden. Obama hat gestern
vor der Presse erklärt, die USA würden »ihren Kredit und Glauben
nicht zum ersten Mal in der Geschichte aufs Spiel setzen.« Der Kampf
gegen die Verschuldung sei »ein moralischer Auftrag.« Er sei bereit,
im Sozialen und im Rüstungsbereich zu sparen. Allerdings müssten die
Republikaner ihre ideologischen Bedenken überwinden und an das
Gesamtwohl denken: »Es wird keinen Kompromiss geben, wenn die
Republikaner nicht nachgeben«, erklärte der Präsident. Möge Obamas
Appell auf verantwortungsvolle Ohren stoßen! Denn nicht nur die
Euro-Entwicklung, auch die US-Schuldenpolitik entscheidet über die
wirtschaftliche Zukunft in Europa.

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