Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Bundestagswahl

Schwarz-Gelb, Große Koalition oder Schwarz-Grün:
Wenn in 43 Tagen ein neuer Bundestag gewählt wird, läuft es mit
großer Wahrscheinlichkeit auf eine dieser drei Koalitionen hinaus.
Die Frage lautet nur noch: Mit wem regiert Angela Merkel? In sechs
Wochen kann noch so einiges passieren. Aber es müsste schon ein
politisches Wunder geschehen, wenn Deutschland von Rot-Rot-Grün,
einer Ampelkoalition oder gar einer Minderheit regiert wird. Auch
Rot-Grün hat derzeit keine Mehrheit. Somit bleiben drei Bündnisse
übrig. Möglichkeit 1: Schwarz-Gelb wird fortgesetzt. Da die FDP
sicher die Fünf-Prozent-Hürde packen wird, ist das die naheliegendste
Variante. Zumal 45 Prozent der Stimmen diesmal schon reichen könnten.
Das liegt daran, dass die kleinen Parteien wie die Piraten und die
AfD (Alternative für Deutschland) zwar unter fünf Prozent bleiben
werden, zusammen aber auf etwa zehn Prozent der Stimmen kommen
könnten. Angela Merkel würde zum dritten Mal Kanzlerin. Ihr einziger
Gegner wäre der rot-grün-dominierte Bundesrat. Möglichkeit 2: Die
Große Koalition ist bei den Menschen beliebt, aber nicht mehr bei den
Parteien selbst. Die SPD will nicht erneut Merkels »Steigbügelhalter«
sein. Gut möglich, dass die SPD ein Bündnis nur dann eingeht, wenn
sich Merkel zur Mitte der Legislatur als Kanzlerin zurückzieht. Aber
Wunsch und Wirklichkeit liegen manchmal weit auseinander. Denn die
SPD – mit derzeit etwa 23 Prozent der Stimmen – wird der CDU – mit
aktuell rund 40 Prozent – kaum das Personal diktieren können.
Nächstes Problem der SPD: Wer wird Vize-Kanzler? Steinbrück will
nicht, Gabriel ist nur ein Mann für ein Linksbündnis. Bliebe
Frank-Walter Steinmeier. Aber nach Neubeginn sieht das nicht aus. Es
gibt Stimmen in der SPD, wonach der Weg in die Opposition das
kleinere Übel wäre, statt Merkel den Hof zu machen. Möglichkeit 3:
Die Variante Schwarz-Grün wäre die Überraschung. Kaum vorstellbar,
dass die Kanzlerin dieses Abenteuer ausprobiert. Aber es ist eine
Option, zumal die Grünen wieder Regierungsluft schnuppern möchten.
Für Politiker wie Jürgen Trittin geht es immerhin um einen
Ministerposten. Nur rechnerisch, aber nicht tatsächlich kommt eine
Koalition aus Rot-Rot-Grün in Frage. Das wäre für die SPD genauso
politischer Selbstmord wie eine Minderheitsregierung. Auszuschließen
ist auch die Ampel. Da steht die FDP felsenfest. Die Deutschen waren
noch nie in 16 Jahren so zufrieden mit einer Bundesregierung wie
jetzt. Von Wechselstimmung keine Spur. Die Kanzlerin genießt im
Gegensatz zu ihrem Herausforderer höchste Beliebtheit. Ihre Partei
hat fast 20 Prozentpunkte Vorsprung vor der SPD. Das sind die
Voraussetzungen sechs Wochen vor der Wahl. Ob sich daran etwas
ändert, wird der Wahlkampf zeigen. Am 22. September wissen wir mehr.

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