Westfalenpost: Bankrott-Erklärung Von Rolf Hansmann

Rathausangestellte sollen eine
Energiekostenpauschale für Elektrogeräte zahlen – im sauerländischen
Werdohl hört man in diesen Tagen den Amtsschimmel ganz kräftig
wiehern, oder in diesem Fall: eine ganze Herde. Die Mitarbeiter der
Stadtverwaltung sollen allen Ernstes ab dem 1. September jeweils vier
Euro im Monat für eine private Kaffeemaschine und einen Wasserkocher
sowie fünf Euro für einen privaten Kühlschrank zahlen. Es kann nur
eine Erklärung geben: Jemandem sind die Pferde durchgegangen.

Es ist nichts dagegen zu sagen, wenn klamme Kommunen Kreativität
beim Sparen zeigen. Doch die Strompauschale für Elektrogeräte ist von
der Außen- und Innenwirkung her eine Bankrotterklärung der Stadt an
der Lenne, der das Wasser bis zum Hals stehen muss. Man demotiviert
Mitarbeiter und gibt jenen eine Steilvorlage, die ihre falsche
Erkenntnis aus einem alten Beamtenwitz gezogen haben: „Ich habe
nichts gegen Beamte, die tun doch nichts.“ In Richtung Werdohl
übersetzt: Die Mitarbeiter in den Verwaltungen trinken den ganzen Tag
nur Kaffee.

Man möchte sich nicht ausdenken, wie viel Zeit, Energie und Geld
in Zukunft für den bürokratischen Vorgang des An- und Abmeldens eines
privaten Elektrogeräts in besagter Stadtverwaltung drauf gehen wird.
Erstrebenswert ist es ebenfalls nicht, wenn sich womöglich Gerichte
mit einer solchen Lappalie beschäftigen müssen.

Wir erinnern uns an die nette Fernseh-Serie „Büro, Büro“, in der
die Auswüchse des deutschen Bürokratismus auf die Schippe genommen
wurden. Eine Energiekostenpauschale ist darin nicht thematisiert
worden – wegen zu großer Wirklichkeitsferne.

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