Plötzlich ist nicht nur der Frühling da, sondern
auch der Wahlkampf. Den Frühling haben sich alle ja herbeigesehnt.
Auch die FDP und die CDU. Und auch Norbert Röttgen. Die Sehnsucht
nach Neuwahlen wird sich beim Bundesumweltminister jedoch in Grenzen
gehalten haben. Er steckt in einer Klemme. Aber noch viel ernster
könnte die Lage für die Bundeskanzlerin werden. Ihr drohen jetzt
gleich drei mögliche Wahlniederlagen innerhalb weniger Wochen. Auch
wenn Norbert Röttgen die Blitz-Neuwahl offiziell noch so sehr
begrüßen mag und er stabile Verhältnisse in Nordrhein-Westfalen zu
Recht für notwendig erachtet: Etwas Schlimmeres als dieser Wahltermin
unter diesen bescheidenen Voraussetzungen konnte dem
CDU-Spitzenkandidaten nicht passieren. Der Bundesumweltminister
befindet sich in einem Dilemma. Norbert Röttgen will am Muttertag
(13. Mai) Ministerpräsident werden. Aber wie kann er das ohne Partner
schaffen? Die FDP scheidet aus zweierlei Gründen von vornherein aus.
Erstens, weil die Liberalen nach jetzigen Umfragen nicht mal drei
Prozent erreichen würden und dies der Anfang vom Ende der Partei und
ihres Vorsitzenden wäre. Und zweitens, weil das Verhältnis zwischen
Christdemokraten und Liberalen nicht nur in Berlin, sondern auch in
Düsseldorf nach der Gauck-Nominierung ohnehin mehr als unterkühlt
gilt. Da mit den Linken und Piraten kein Staat zu machen ist, bleiben
die Grünen. Aber die wollen lieber weiter mit Hannelore Kraft
regieren. Somit muss Röttgen alleine das Unmögliche schaffen. Und das
wäre, selbst so stark zu werden und der SPD so viele Stimmen
abzunehmen, dass Hannelore Kraft gezwungen wäre, eine Große Koalition
zu bilden. Aber wer glaubt schon daran? Norbert Röttgen hat aber noch
andere Sorgen: Denn eigentlich müsste er sein Ministeramt in Berlin
aufgeben, wenn er es wirklich ernst meint mit seinem Engagement in
NRW. Bleibt er in Berlin, wird er nie mehr den Verdacht los, ein
Spitzenpolitiker zu sein, der gar nicht Ministerpräsident werden
will, sondern ganz andere Ambitionen hat. Tritt Norbert Röttgen also
nur mit halber Kaft an? Eine weitere Baustelle der CDU ist, dass sie
derzeit nur ein einziges Thema hat: die auf Schulden ausgerichtete
Finanzpolitik der Regierung Kraft. Ob das allerdings reichen wird, um
die im Volk beliebte SPD-Kandidatin aus dem Amt zu jagen, darf
bezweifelt werden. Angela Merkel hat nach der Gauck-Nominierung nun
überraschend ein neues Problem. Zwei mögliche Wahlschlappen im
Saarland (25. März) und in Schleswig-Holstein (6. Mai) wären
vielleicht noch kein Beinbruch. Eine Pleite in Nordrhein-Westfalen
käme jedoch einer Katastrophe gleich. Dann wäre ihre Kanzlerschaft
wirklich ernsthaft in Gefahr. Doch bis dahin kann noch viel
passieren.
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Andreas Kolesch
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