Westfalenpost: Armenhaus der Republik Von Wilfried Goebels

Die Großstädte im Ruhrgebiet entwickeln sich
zunehmend zum Armenhaus der Republik. Die höchsten Schuldenberge, die
meisten Hartz-IV-Empfänger, eine schrumpfende und alternde
Bevölkerung sowie die geringe Kaufkraft – die Rahmendaten für Städte
wie Hagen wecken für die Zukunft wenig Hoffnung. Der Stärkungspakt in
NRW und die im Berliner Koalitionsvertrag vereinbarten Hilfen bei den
Sozialausgaben sind aber ein Anfang, um das weitere
Auseinanderklaffen zwischen armen und reichen Kommunen zu begrenzen.

Der Strukturwandel hat NRW stärker getroffen als andere Regionen.
Aber es gibt auch selbstverschuldete Fehler der Revierstädte: Während
Kommunen wie Düsseldorf rechtzeitig ihre Anteile an Stadtwerken
verkauft und damit die Kasse halbwegs saniert haben, hielten viele
Kommunen im Revier ihre einst renditeträchtigen Energie-Aktien fest –
nicht selten lockten bei Versorgern lukrative Mandate in
Aufsichtsräten und „Vitamin-B-Jobs“. Seit der Energiewende müssen die
Erwartungen an hohe Dividenden vorläufig begraben werden.

Das lokale Sündenregister ist lang. Nach dem Aufbau Ost müssen
Bund und Länder tief im Westen Solidarität beweisen. Die Hilfe zur
Selbsthilfe setzt aber ein Umdenken im Revier voraus. Der Pott muss
stärker aufs Gelingen fokussiert werden – und nicht aufs Verhindern.

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