Schwäbische Zeitung: Welt ohne Helden – Leitartikel

Wir brauchen eigentlich nur die Liste der 90
Staats- und Regierungschefs bei der Trauerfeier für Nelson Mandela
durchzugehen, um zu wissen, warum wir ihn vermissen werden.

Neben ehrenwerten Menschen wie Bundespräsident Joachim Gauck
finden sich dort Namen wie Robert Mugabe aus Simbabwe oder Joseph
Kabila aus der Demokratischen Republik Kongo. Das sind Staatenführer,
die einmal mit Vorschusslorbeeren begannen, dann aber sehr schnell
erkennen ließen, dass sie es längst nicht so gut meinten, wie die
Welt einmal vermutet hatte.

Und dann gibt es neben den Diktatoren noch die Gruppe jener, die
einmal mit großen Erwartungen an sich selbst begannen und dann
zwangsläufig enttäuschen mussten: Barack Obama wirkt mit seinem
Charisma zwar wie ein Novize Nelson Mandelas. Die Unentschlossenheit
des US-Präsidenten hätte dagegen nicht zu Mandela gepasst.

Das besondere an Mandela war sicher, dass er nicht nur für einige
Menschen ein Held war, als er 27Jahre im Gefängnis saß. Sondern er
wurde nach seiner Freilassung ein Held für viele andere. Und
obendrein blieb er einer. Er enttäuschte nicht, er übertraf die
Erwartungen. Er war ganz anders als eine Aung San Suu Kyi in Burma,
auch sie Friedensnobelpreisträgerin und unerschrockene Gefangene
eines undemokratischen Regimes. Auch sie haben viele verehrt, müssen
nun aber betrübt feststellen, dass sie in erster Linie um ihr eigenes
Wohlergehen und Vorankommen bemüht ist, weniger um die Einigung ihres
zerrissenen Landes.

Mandela hat nach seiner Freilassung die Erwartungen übertroffen:
Er wurde nicht zum greisen Diktator, wie nahezu alle afrikanischen
Staatsoberhäupter, die am Dienstag in Johannesburg dem Madiba die
letzte Ehre erwiesen. Er wurde zum Weisen, der sich nicht
entmystifizieren ließ. Er wurde von aller Welt geherzt, ohne sich von
ihr vereinnahmen zu lassen.

Jetzt leben wir in einer Welt ohne Helden. Auch gut. Wir hatten ja
einen, einen Südafrikaner, den es so nicht wieder geben wird.

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