Ist das nun der Beginn eines Bürgerkriegs? Die
Gefahr besteht angesichts der Kompromisslosigkeit von Armee und
Muslimbrüdern und der Schwäche der säkularen liberalen Kräfte. Will
der Westen das verhindern, will er den wichtigsten arabischen Staat,
einen außenpolitischen Verbündeten, nicht ins Chaos rutschen lassen
und letzte Reste von Glaubwürdigkeit in der islamischen Welt
behalten, darf er es nicht mit Ermahnungen an die Militärs bewenden
lassen. Dann muss er – und das heißt vor allem: dann muss
US-Präsident Obama – den Generälen die Finanzhilfe kappen, falls sie
weiter den Dialog und Grundrechte für Oppositionelle verweigern.
Das hat nichts mit Sympathie für die Muslimbrüder zu tun.
Präsident Mursi hat in so atemberaubendem Tempo wirtschaftliche
Inkompetenz und die Verachtung aller nicht-Islamistischen Werte
bewiesen, dass die Mehrheit, die ihn gewählt hatte, nun hinter dem
Putsch steht. Und die Versuchung ist groß, die Armee als bequemen
Partner zu akzeptieren, der Stabilität verspricht. Aber dann stehen
die westlichen Demokratien wieder als Heuchler da, die Wahlen nur
respektieren, wenn der Ausgang ihnen passt. Und die Muslimbrüder
fühlen sich als Märtyrer, in den Untergrund gezwungen, und reagieren
mit Terror. Worauf das Militär noch härter zuschlägt. Das wäre in der
Tat der Weg zum Bürgerkrieg.
Im Moment scheint ein Dialog schwer vorstellbar. Im Moment wirkt
der ganze arabische Frühling wie ein Irrtum. Als seien Ägypter,
Tunesier und Libyer, ganz zu schweigen von Syrern und Jemeniten,
einfach nicht reif für die Demokratie. Wahrscheinlich brauchen die
Gesellschaften mehr Zeit. Aber nichts wäre für ihren mühsamen Weg ein
größeres Hindernis als die achselzuckende Unterstützung einer
Militärdiktatur.
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