Mit dem altväterlichen Hinweis, dass Lehrjahre nun
einmal keine Herrenjahre sind, lässt sich die wachsende
Unzufriedenheit unter den Auszubildenden in Nordrhein-Westfalen wohl
kaum noch abtun. Wenn jeder dritte Lehrling über schlechte Bezahlung,
Handlanger-Tätigkeiten, Überstunden und unzureichende Anleitung durch
den Ausbilder klagt, droht ein Imageschaden für die so gerühmte duale
Ausbildung im bevölkerungsreichsten Bundesland. Die Vielzahl der
vorbildlichen Betriebe und Branchen, die den Nachwuchs auch aus
sozialpolitischer Verantwortung mit viel Zeitaufwand anlernen, wird
in Mithaftung genommen durch einige Unternehmen, für die Ausbildung
und Ausbeutung offenbar zum festen Begriffspaar geworden sind. Das
kann den Industrie- und Handelskammern nicht egal sein. Die
Qualitätssicherung in der Ausbildung ist gesetzlicher Auftrag und
Marketinginstrument zugleich. Schließlich ringen viele Betriebe in
Nordrhein-Westfalen im allgemeinen Akademisierungswahn um jeden
qualifizierten Bewerber. Wenn jeder zweite Schulabsolvent inzwischen
an die Hochschulen strebt, braucht es für eine Lehre besonders gute
Argumente.
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