Einseitige Solidarität
Das erste Kennenlernen steht im Zeichen des Wahlkampfes: Mit
Andrzej Duda hat ein Staatsoberhaupt Deutschland seine Aufwartung
gemacht, das seinem Land einen anderen Kurs verpassen will:
Konservativer soll Polen werden, europakritischer, mit Distanz zu
Russland. Das unter Amtsvorgänger Komorowski relativ mühelose
Zusammenspiel zwischen Berlin und Warschau könnte schnell in
Vergessenheit geraten. Duda legt Wert auf politische Profilierung und
formuliert laut nationale Interessen. Europäische Solidarität ist für
den Nationalkonservativen vor allem unter einem Aspekt von Interesse:
dem eines gemeinsamen starken Auftreten der EU gegenüber dem
machtbewussten Russland, das vielen ehemaligen sowjetischen
Satellitenstaaten nicht geheuer ist. Deshalb galt Dudas erster Besuch
auch Estland. Allen gestern in Berlin gezeigten Freundlichkeiten zum
Trotz könnten, wenn nicht im Verhältnis zu Deutschland so doch im
Zusammenspiel mit Brüssel, bald schon Misstöne zu hören sein. Berlin
drängt in der EU auf eine solidarische Flüchtlingspolitik. Von der
will Polen, trotz erfahrener großer europäischer Solidarität, nichts
wissen. Der Hinweis des neuen Präsidenten, sein Land engagiere sich
durch die Aufnahme von Ukrainern im Süden des Landes, greift nicht.
Denn dahinter verbirgt sich ein Andocken der Ukrainer bei der
ukrainischen Minderheit in Polen. Mit der Integration tausender
Menschen aus Syrien und anderen Kriegsländern ist das nicht zu
vergleichen. Mit dem populistischen neuen Präsidenten aus Polen
könnte in der EU der nationale Egoismus einen weiteren Fürsprecher
bekommen haben.
Pressekontakt:
Südwest Presse
Ulrike Sosalla
Telefon: 0731/156218