neues deutschland: Bildungsforscher Hans Brügelmann: „Wir brauchen mehr positive Diskriminierung“

Eine künftige Bundesregierung muss sich dazu
durchringen, in der Bildungspolitik Entscheidungen zu treffen, die in
der Mittelschicht unpopulär sind. Dies fordert der
Erziehungswissenschaftler und Bildungsforscher Hans Brügelmann im
Interview mit der in Berlin erscheinenden Tageszeitung „neues
deutschland“ (Samstagausgabe). „Wir brauchen mehr positive
Diskriminierung“, so der emeritierte Professor der Universität Bremen
weiter. „Wenn die Ressourcen knapp sind, müssen sie dort eingesetzt
werden, wo sie besonders gebraucht werden.“ So sollten Schulen in
sozialen Brennpunkten mehr Lehrkräfte und mehr Geld erhalten, auch
wenn dies bedeute, dass sich die Klassenfrequenz im Villenvorort
dadurch erhöhe. Einige Bundesländer wie Hamburg oder Bremen hätten
diesbezüglich schon die richtigen Schritte eingeleitet, indem sie den
Schulen zusätzliches Personal und Ressourcen anhand der
Sozialindikatoren eines Stadtteils zuteilten.

Der 71-Jährige, der von 1971 bis 1973 als Assistent dem Deutschen
Bildungsrat angehörte, spricht sich zudem für die Wiederbelebung
eines solchen Gremiums aus. Wie zur Zeiten von Willy Brandt sollten
einem Bildungsrat Wissenschaftler, Gewerkschafter und Unternehmer
angehören.

Um den Forderungen Nachdruck zu verleihen, hat Brügelmann Ende
vergangenen Jahres gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen die
Initiative »Bildungsgerechtigkeit: Die Zeit drängt!« ins Leben
gerufen. Die entsprechende Petition auf der Plattform www.change.org
hat mittlerweile mehr als 3000 Unterstützerinnen und Unterstützter.
In ihren Sondierungsverhandlungen zur Bildung einer großen Koalition
haben sich auch Union und SPD für die Einrichtung eines nationalen
Bildungsrates ausgesprochen.

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