Das wird spannend: Nach der neusten Umfrage zur
Abgeordnetenhauswahl in Berlin gibt es derzeit eine Mehrheit für
Grün-Schwarz beziehungsweise Schwarz-Grün. Beide Parteien liegen
gleichauf und könnten je 23 Prozent der Wähler hinter sich bringen,
wenn schon am Sonntag ein neues Abgeordnetenhaus gewählt würde. Die
Meinungsforscher haben ermittelt, dass es für eine
Regierungskoalition reichen würde, denn SPD und Linke kommen zurzeit
zusammen nur auf 44 Prozent. Ein Regierungswechsel scheint also
möglich. Sicherlich, bis zur Abgeordnetenhauswahl am 18.
September sind es noch sieben Monate, da kann noch eine Menge
passieren. Alle Parteien arbeiten derzeit noch an ihren Programmen,
die Spitzenkandidaten diskutieren mit ihren Beratern über ihre
Wahlkampfstrategie. Und wie wir aus vielen Wahlkämpfen wissen, kommt
es auf die Spitzenkandidaten an. Ihr Verhalten, ihre guten Auftritte
oder auch ihre Fehler im Wahlkampf entscheiden, welche Partei die
nächste Regierung bilden wird. Der neue Berlin-Trend macht eines
deutlich: Die SPD mit dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit
verharrt nach wie vor unter 30 Prozent, obwohl Wowereit in den
vergangenen Wochen sehr präsent war und kaum einen Termin auslässt.
Die Linke, die wieder mit dem spröden Wirtschaftssenator Harald Wolf
an der Spitze ins Rennen geht, pendelt sich bei rund 15 Prozent ein.
Vieles deutet darauf hin, dass eine rot-rote Koalition nach der Wahl
keine Mehrheit mehr haben wird. Nicht ohne Grund ist Wowereit seit
geraumner Zeit so freundlich zur CDU, schließt eine Koalition mit den
Christdemokraten öffentlich nicht mehr aus. Wowereit, für den es bei
der Abgeordnetenhauswahl um sein politisches Überleben geht, will
sich alle Optionen offenhalten. Ganz nach dem Motto: „Ich kann mit
jedem regieren.“ Mit der Linken, mit den Grünen, mit der CDU. Um im
Ernstfall dann den einen gegen den anderen möglichen
Koalitionspartner ausspielen zu können. Wir erinnern uns gut an die
Jahre 2001 und 2006, als die Grünen zwei Mal hätten mitregieren
können und zwei Mal draußen blieben. Aber glaube nur keiner, dass es
nach der Wahl eine große Koalition aus SPD und CDU geben wird – damit
mag Wowereit zwar kokettieren, seine SPD wird ihm dabei nicht folgen.
Für die CDU ist der Aufwärtstrend – immerhin ein signifikantes Plus
von drei Prozentpunkten – ermutigend, auch wenn 23 Prozent bislang
nur bedeuten, dass sie ihr Wahlergebnis von 2006 erreichen würde.
Wenn Frank Henkel sich klug verhält und authentisch bleibt, hat er
mit der CDU die Chance, noch Stimmen hinzugewinnen. Zumal die FDP im
Drei-Prozent-Jammertal versinkt. Und die Grünen? Nun,
Spitzenkandidatin Renate Künast hat offensichtlich ein Ost-Problem:
Dort kommt sie wesentlich schlechter an als in Westen Berlins, im
Osten liegt Wowereit weit vorn. Die Grünen haben eine Menge Arbeit
vor sich, wenn sie die Regierende Bürgermeisterin stellen wollen.
Fehler darf sich Künast keine mehr erlauben. Wie auch immer die Wahl
am 18. September ausgehen wird: Wowereit, Künast und Henkel müssen
sich anstrengen, um die Wahl zu gewinnen. Und das ist gut für die
Stadt.
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