Bundesbank: EU sollte wegen Strafzöllen
WTO-Klage gegen USA in Betracht ziehen
Weidmann hofft auf Impulse von G20-Gipfel
Osnabrück. Bundesbankpräsident Jens Weidmann hat die USA vor der
Einführung von Strafzöllen gewarnt. Der Ökonom sagte der „Neuen
Osnabrücker Zeitung“ (Samstag) vor seiner Abreise zum G20-Gipfel in
Buenos Aires, die EU solle die USA gegebenenfalls vor der
Welthandelsorganisation WTO verklagen. Scheitere eine
Verhandlungslösung „und gibt es Zweifel daran, dass Maßnahmen nicht
mit den WTO-Regeln vereinbar sind, bietet die WTO Verfahren, um
solche Streitfragen zu klären“, sagte Weidmann auf eine entsprechende
Frage. „Die sollte man dann auch nutzen, um einen Bruch des
Regelwerks nicht einfach so hinzunehmen und keinen Präzedenzfall zu
schaffen.“
„An einem Handelskrieg kann niemand Interesse haben, am Ende
verlieren alle“, führte Weidmann weiter aus. „Lassen Sie uns doch die
USA beim Wort nehmen und uns mit dem Ziel zusammensetzen, bestehende
Zölle umfassend zu senken“, rief er zu Verhandlungen auf. Der
bevorstehende G20-Gipfel könne für entsprechende Gespräche den Boden
bereiten. Auch die Arbeit am TTIP-Vertragswerk könne wieder
vorangetrieben werden. „Die EU sollte deutlich machen: Wer an freiem
und fairem Handel interessiert ist, hat in uns einen Partner, mit dem
er etwas bewegen kann“, sagte Weidmann und sah für eine Einigung
prinzipiell gute Aussichten.
Der Präsident der Bundesbank warnte davor, als Reaktion auf
Strafzölle der USA etwa den Zugang zu Produkten der
US-Unterhaltungsindustrie wie von Netflix oder Amazon zu verteuern.
„Auf jeden Fall sollten wir nicht reflexhaft oder emotional
reagieren, denn das droht die Lage weiter zu eskalieren“, sagte
Weidmann. Schon jetzt sei klar, dass vor allem die US-Verbraucher
unter den angedrohten Zöllen leiden dürften. „Im Übrigen wird auch in
den USA der derzeitige handelspolitische Kurs der Regierung ja
durchaus kritisch hinterfragt“, sagte Weidmann.
_____________________________________________________________________
Dem Nachrichtentext liegen folgende autorisierte Zitate zugrunde:
Herr Weidmann, Sie fliegen am Wochenende nach Buenos Aires, da
wird auch über Donald Trump und seine Strafzölle gesprochen werden.
Wie sollte die EU reagieren? An einem Handelskrieg kann niemand
Interesse haben, am Ende verlieren alle. Ein Kritikpunkt der
US-Regierung ist ja offenbar die Höhe der Zölle im internationalen
Handel. Lassen Sie uns doch die USA beim Wort nehmen und uns mit dem
Ziel zusammensetzen, bestehende Zölle umfassend zu senken. Das
beträfe aber nicht nur die Zölle, an denen sich Donald Trump derzeit
stört, sondern auch die, die in den USA höher sind. Die EU und die
USA könnten dazu im Rahmen der Welthandelsorganisation WTO zusammen
eine neue Handelsrunde anstoßen. Auch die Arbeiten am
TTIP-Vertragswerk, die seit der US-Wahl ruhen, könnten wieder
vorangetrieben werden. TTIP sieht auch vor, nicht-tarifäre
Handelshemmnisse abzubauen, wie Unterschiede in Produktstandards. Die
EU sollte deutlich machen: Wer an freiem und fairem Handel
interessiert ist, hat in uns einen Partner, mit dem er etwas bewegen
kann.
Sie glauben also an Verhandlungen? Natürlich, und dafür können
internationale Treffen wie das nun anstehende der G20 in Argentinien
den Boden bereiten. Ich setze weiterhin auf ein regelbasiertes
multilaterales Rahmenwerk, wie wir es mit der WTO haben. Es hat der
Weltwirtschaft gute Dienste erwiesen, und wir sollten es stärken,
verbessern und ausbauen. Insofern wären diese Gespräche auch ein
Lackmustest für die Frage, inwieweit die USA an offenen Märkten
tatsächlich interessiert sind.
Wäre eine Klage bei der WTO eine Option? Wie gesagt, klar
vorzuziehen ist eine einvernehmliche Lösung mit den USA. Scheitert
man damit und gibt es Zweifel daran, dass Maßnahmen nicht mit den
WTO-Regeln vereinbar sind, bietet die WTO Verfahren, um solche
Streitfragen zu klären. Die sollte man dann auch nutzen, um einen
Bruch des Regelwerks nicht einfach so hinzunehmen und keinen
Präzedenzfall zu schaffen.
Was halten Sie von den Maßnahmen, die jetzt auch als Reaktion aus
Europa im Raum stehen, nämlich Güter der amerikanischen
Unterhaltungsindustrie wie von Netflix und Amazon mit Zöllen zu
belegen …
Inwieweit derartige Maßnahmen mit dem internationalen Regelwerk
vereinbar sind, müssen andere prüfen. Auf jeden Fall sollten wir
nicht reflexhaft oder emotional reagieren, denn das droht die Lage
weiter zu eskalieren, mit zusätzlichen wirtschaftlichen Schäden auf
beiden Seiten. Schon jetzt ist klar, dass vor allem die
US-Verbraucher unter den angedrohten Zöllen leiden dürften.
Wissenschaftliche Untersuchungen beispielsweise zeigen, dass Zölle in
dem Land, das sie erhebt, per saldo negative Beschäftigungseffekte
haben. Im Übrigen wird auch in den USA der derzeitige
handelspolitische Kurs der Regierung ja durchaus kritisch
hinterfragt.
Pressekontakt:
Neue Osnabrücker Zeitung
Redaktion
Telefon: +49(0)541/310 207
Original-Content von: Neue Osnabrücker Zeitung, übermittelt durch news aktuell