OECD-Pisa-Chef bescheinigt deutscher Schulpolitik „Riesenfortschritte“

Kurz vor der Veröffentlichung der neuen
internationalen Pisa-Studie am 7. Dezember bescheinigt der
internationale Koordinator der Studie Andreas Schleicher im Gespräch
mit der Wochenzeitung DIE ZEIT der deutschen Bildungspolitik
„Riesenfortschritte“ seit dem sogenannten Pisa-Schock im Jahr 2001.
Deutschlands Schüler schnitten damals im internationalen Vergleich
unterdurchschnittlich ab, und die Leistung der Schüler war
hierzulande extrem stark an die soziale Herkunft gekoppelt. Früher
habe er in Deutschland Empörung ausgelöst, sagt Schleicher, wenn er
Bildungsangebote schon im Kindergarten vorschlug, inzwischen
bestreite auch hierzulande niemand mehr die Notwendigkeit
frühkindlicher Bildung. Auch Bildungsstandards, für die er damals
plädiert hatte, gebe es heute in Deutschland, sowie regelmäßige
Vergleichsarbeiten. „Heute hat sogar Nordrhein-Westfalen ein
Zentralabitur“, lobt Schleicher. Und bei der Schulstruktur setze sich
das Zweisäulenmodell durch.

Der Deutsche Andreas Schleicher ist in der OECD-Zentrale in Paris
Chef der Bildungsstatistik und internationaler Koordinator der
Pisa-Studie (Programme for International Student Assessment). Er hat
1995 das Konzept für die Studie entwickelt, die alle drei Jahre die
Leistungen der 15-jährigen Schüler im Lesen, in der Mathematik und
den Naturwissenschaften international vergleicht. Die OECD,
übersetzt: Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung, ist eine Denkfabrik der Industrieländer.

Von Ländern, die erfolgreicher in der Pisa-Studie abschnitten,
könne Deutschland lernen, das Bildung Priorität genießen müsse. „Das
klingt trivial“, sagt Andreas Schleicher in der ZEIT. „Aber zeigen
Sie mir einen deutschen Ministerpräsidenten, der Schulpolitik zur
Chefsache gemacht hat!“ Erfolgreiche Pisa-Länder wie Japan oder
Finnland, sagt Schleicher, zeichneten sich auch dadurch aus, dass an
den Erfolg jedes einzelnen Schülers geglaubt werde. „Dazu gehört
auch“, sagt Schleicher weiter, „dass das Streben nach Leistung und
Exzellenz selbstverständlich ist und gute Schüler nicht als Streber
diffamiert werden.“

Kritik übt Andreas Schleicher daran, dass Deutschland das einzige
Land der Welt sei, dass die Pisa-Daten nicht ins Netzt stellt.
„Vielleicht“, unkt er, „fürchten einige Kultusminister um ihre
Interpretationshoheit.“

Am 7. Dezember wird weltweit die vierte internationale Pisa-Studie
veröffentlicht. Die Daten dafür wurden 2009 erhoben. Frühere
Erhebungen fanden 2000, 2003 und 2006 statt.

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