Ostsee-Zeitung: Neuer Streit um Bodenreformland im Osten/ Koalition will Alteigentümern Landkauf zu Vorzugspreisen ermöglichen/ Dienstag Anhörung im Bundestag

Rostock – Vor der Anhörung im
Landwirtschaftsausschuss des Deutschen Bundestages am Dienstag
(07.12. 2010, 13.00 Uhr) zum 2. Flächenerwerbsänderungsgesetz hat der
Vorsitzende des Gremiums Hans-Michael Goldmann (FDP) die Absicht der
Koalition bekräftigt, Alteigentümern, die zwischen 1946 und 1949 im
Zuge der Bodenreform in der Sowjetischen Besatzungszone/DDR enteignet
worden waren, den Landerwerb zu Vorzugspreisen zu ermöglichen.

Goldmann erinnerte in der Ostsee-Zeitung (Dienstag) an ein
Versprechen, dass die alte CDU/FDP-Regierung im Jahre 1994 gegeben
habe, wonach die Entschädigung für Alteigentümer bis 2004
abgeschlossen sein sollte. „Dieses Versprechen konnte jedoch nicht
eingehalten werden, weil die Alteigentümer bei der Bodenverwertungs-
und -verwaltungs GmbH eine Bescheinigung über ihre Enteignung von den
zuständigen Landesbehörden benötigten. Da diese aber zu Tausenden
noch nicht ausgestellt sind, durch Versäumnisse der Verwaltungen der
Länder, wurden die Alteigentümer Opfer der rasanten Preisentwicklung
für landwirtschaftlichen Grund und Boden in den neuen Ländern.“
Ursprünglich war Alteigentümern der Erwerb von 30 Hektar Land zu
Vorzugspreisen in Aussicht gestellt worden. Wegen der Preisexplosion
für Agrarflächen würden Alteigentümer heute aber „nicht einmal mehr
die Hälfte der 1994 in Aussicht gestellten 30 Hektar begünstigt
erwerben können“, sagte der FDP-Politiker. Deshalb hat die Koalition
den Stichtag 1. Januar 2004 für die Preisfestsetzung vorgeschlagen.

Goldmann bekräftigte, dass „den Alteigentümern zwischen 1946 und
1949 Unrecht widerfahren und die Bodenreform als Mittel der
politischen Verfolgung missbraucht“ worden sei. Er übte zugleich
scharfe Kritik an SPD und den Linken, „die berechtigte Interessen der
Alteigentümer auf Wiedergutmachung durch eine unstatthafte
Neiddebatte diskreditieren“ würden. Die Bedenken der Opposition seien
„völlig aus der Luft gegriffen und zeugen von einem zweifelhaften
historischen Verständnis der Problemlage“.

Die Opposition ist strikt gegen das Gesetzesvorhaben. Für die SPD
erklärte der Haushaltspolitiker Rolf Schwanitz, die Koalition wollte
das Gesetz „quasi am Parlament vorbei ohne großes Aufsehen
durchwinken“ und „klammheimlich“ Änderungen im Sinne der
Alteigentümer durchsetzen. Von einer „Riesensauerei“ sprach die
SPD-Abgeordnete Waltraud Wolff aus Sachsen-Anhalt, der
Bundesregierung seien selbst Ansprüche von entfernten Verwandten von
Alteigentümern wichtiger als die Interessen der ostdeutschen
Landwirte. Und Linken-Fraktions-Vize Dietmar Bartsch sagte: „Nach der
Atomlobby, der Pharmalobby und der Bankerlobby diktiert nun eine
Alteigentümerlobby Texte ins Gesetzblatt.“ Er schätzte die Kosten des
Gesetzesvorhabens für den Steuerzahler auf „eher eine Milliarde
Euro“.

Pressekontakt:
Ostsee-Zeitung
Jan-Peter Schröder
Telefon: +49 (0381) 365-439
jan-peter.schroeder@ostsee-zeitung.de