In dieser Rolle sieht sich Joseph „Sepp“ Blatter am
liebsten: Das Fußball-Volk kniet vor dem allmächtigen Boss des
Fußball-Weltverbandes (Fifa), lauscht dessen Lobpreisungen, feiert
den Schweizer nicht nur in vorweihnachtlicher Zeit als großen
Heilsbringer. So war das auch am 12. Juli dieses Jahres. Am Tag nach
dem Finale der Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika. In einem
Nobelhotel in Johannesburg fand eine Abschlusspressekonferenz statt
mit all den wichtigen Menschen, die über Jahre hinweg sich komplett
diesem Großereignis verschrieben hatten. Sepp Blatter lobte zum x-ten
Mal das ausrichtende Land, also Südafrika, vergab neun von zehn
möglichen Punkten für die Organisation und Gastfreundschaft. Das sei
„summa cum laude“ gewesen, urteilte Blatter. Nur Minuten später waren
auf allen Radiokanälen, in allen TV-Sendern diese Worte zu hören.
Südafrika war spätestens danach mächtig stolz. Blatter verließ
selbstzufrieden das Land am Kap, das durch die WM zweifelsohne eine
Menge an positivem Image gewonnen hat. Es gibt jedoch auch eine
andere Sicht der Dinge. Es ist die der Krake Fifa, die für die Dauer
von rund vier Wochen über ein Land herfällt, ihre wuchtigen Arme
ausbreitet, das Land in den Würgegriff nimmt und ausgemergelt
zurücklässt. Ein Beispiel: Die Fifa lässt sich für die Zeit und in
dem Land Steuerfreiheit zusichern, in dem die WM stattfindet. Den
deutschen Steuerzahler soll das 250 Millionen Euro gekostet haben. So
ist der Gewinn der Fifa beträchtlich und mehrt sich unredlich auf
einem Schweizer Bankkonto. Blatter nicht als Gutmensch, sondern als
Machtmensch, als jemand, der einer Organisation vorsteht, in der sich
mehr Länder zusammengeschlossen haben (208) als in der Uno (192),
deren interne Vorgänge jedoch um ein Vielfaches nebulöser sind. An
fast allen Entscheidungen hängt ein Geruch von Korruption. Wie am
vergangenen Donnerstag, als eine Gruppe von 22 Fifa-Funktionären
Russland mit der WM 2018 und Katar mit der WM 2022 beschenkte.
Eigentlich hätten 24 abstimmen sollen, aber im Vorfeld waren die
Exekutivmitglieder Temarii und Adamu suspendiert worden, weil sie
ihre Stimme zum Kauf angeboten haben sollen. Zudem wurden gegen ein
Trio (Texeira, Leoz und Hayatou) erneut – und zum Teil sogar
aktenkundige Bestechungsvorwürfe aus den 90er Jahren laut. Aber egal,
die drei saßen mit am Tisch. Und – wie verwunderlich -, sofort
drängte sich der Eindruck auf, als seien die Zuschläge für Russland
und Katar nicht das Resultat einer durchdachten, die Interessen der
Spieler, der Zuschauer und Fans abwägenden Überlegung, sondern weil
Gas- und Petrodollars und andere Dinge in die richtige Richtung
geflossen waren. Jemanden der Korruption zu beschuldigen ist so
schwerwiegend, dass das nur auf der Grundlage klarer Beweise
geschehen darf. Allerdings tut die Fifa nichts, solchen Vorwürfen von
vornherein die Basis zu entziehen. Zum Beispiel dadurch, dass die
Prozedur der Vergabe – eine geheime Abstimmung, von der auch
Deutschland einmal profitiert hatte – geändert wird. Sie muss
nachvollziehbar werden. Blatter, der Probleme viel lieber aussitzt
als löst, sollte sich im kommenden Jahr nicht erneut zur Wahl des
Fifa-Präsidenten stellen. Der 74-Jährige, dessen Handlungsmotiv sich
mittlerweile alleine daraus herleitet, seine Wiederwahl zu sichern
und sich – ganz ernsthaft – als Kandidat für die Verleihung des
Friedensnobelpreises aufzudrängen, hat ein so dichtes Netzwerk
gespannt, dass jeder Erneuerungsprozeß mit Blatter zum Scheitern
verurteilt ist. Das Fifa-Zuhause in Zürich ist ein 145 Millionen Euro
teurer Glaskomplex. Es wird Zeit, dass Durchlässigkeit auch in die
Köpfe der Funktionäre dringt.
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Südwest Presse
Lothar Tolks
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