Westdeutsche Zeitung: Die Reise des Ehepaars zu Guttenberg birgt Risiken =
Von Lothar Leuschen

Die jüngsten Bilder aus Afghanistan lassen den
Betrachter zwiegespalten zurück. Da ist einerseits das derzeit wohl
sympathischste Politiker-Ehepaar Deutschlands, das die beschwerliche
wie gefährliche Reise an den Hindukusch auf sich nimmt. Das ist
durchaus zu begrüßen, vor allem aus Sicht der dort stationierten
Soldaten. Die befinden sich im Krieg, riskieren tagtäglich Leib und
Leben für eine Sache, von der sie nicht wissen, ob dafür zu kämpfen
sich lohnt. Afghanistan tritt auf dem Weg in eine freie, tolerante
Gesellschaft auf der Stelle. Präsident Karsai erweckt zunehmend den
Eindruck, dass er der falsche Mann in dieser so wichtigen Funktion
ist. Korruptionsgerüchte umwehen ihn, und im Nacken spürt er die
radikalen Taliban. In dieser Situation ist es geradezu zwingend, dass
Politiker die deutschen Soldaten in Afghanistan besuchen. Jeder Gast
sagt, dass die Truppen und deren schwierige Mission nicht vergessen
sind. Das ist die eine Seite. Auf der anderen Seite mutet es seltsam
an, dass Verteidigungsminister Guttenberg seine Frau auf eine derart
gefährliche Reise mitnimmt. Das legt die Vermutung nahe, dass die
Guttenbergs das Notwendige mit dem Nützlichen verbinden. Werbung in
eigener Sache kann ja nicht schaden. Die Guttenbergs sind das
Vorzeigepaar der Republik. Stephanie jagt im Privat-Fernsehen
Pädophile, während ihr Ehemann die Bundeswehr im Husarenritt
reformiert und dabei so viele Punkte sammelt, dass es per Direktwahl
fürs Kanzleramt reichen könnte. Auf der Klaviatur der
Mediendemokratie spielen die Guttenbergs perfekt. Diese Töne hat der
Freiherr schon als Wirtschaftsminister angeschlagen, als er auf dem
Time Square für die Fotografen posierte. Nun spielt er Stakkato. Denn
neben Stephanie ist auch Fernsehplauderer Kerner auf der Gästeliste
in Afghanistan – TV-Interview inklusive. All das geht gut, bis etwas
schief geht. Dann tauchen die schönen Bilder unliebsam wieder auf.
Das wird der Moment, in dem die Guttenbergs feststellen, dass derlei
Inszenierungen in Amerika funktionieren mögen. Deutsche aber wählen
nicht den Schein, sie wählen das Sein. Und das nicht erst, seit
Gerhard Schröder nur mit „Bild, Bams und Glotze“ regieren wollte.

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