Trierischer Volksfreund: Dioxin-Skandal – Leitartikel, Trierischer Volksfreund, 06.01.2011

Wie hübsch! Endlich mal wieder ein
Lebensmittelskandal! Und endlich mal was anderes: Diesmal kein
Gammelfleisch, kein BSE, kein Acrylamid in Keksen, kein
Chloramphenicol in Kalbfleisch, keine Hormone im Fruchtsirup, kein
Blei im Brot, kein PCB im Lachs, keine Salmonellen im Putenfleisch,
keine Pestizide in Erdbeeren, kein Gen-Soja in Babynahrung und – um
die ewig fortsetzbare Liste zu schließen – auch kein Glykol im Wein.
Nein! Diesmal ist was andres drin. Diesmal ist es Dioxin.

Das Schöne an diesem neuesten Lebensmittelskandal ist: Er ist ein
ganz fantastisches Beispiel. Ein ganz fantastisches Beispiel dafür,
wie krank diese ganze Lebensmittelbranche ist. Und wie weit entfernt
von dem, was man einst unter Landwirtschaft verstanden hat. Denn mit
Landwirtschaft hat die Erzeugung von günstigen Standardlebensmitteln
nicht mehr viel zu tun.

Naiv zu glauben, Hühner würden Körner futtern! Der Skandal lehrt
den Verbraucher: Hühner brauchen Mischfettsäure! Die stellt der Bauer
natürlich nicht selbst her. Die stellt noch nicht mal der
Futtermittelhersteller selbst her. Die stellt jemand her, der
eigentlich Diesel produziert. Logisch, oder? All das weiß man jedoch
erst nach intensiven Ermittlungen. Denn eigentlich weiß auf Anhieb
überhaupt niemand mehr, wo was herkommt und was dann damit passiert.
Viel zu industrialisiert ist der Produktionsprozess. Gerade in den
Großbetrieben ist sie längst vorbei – die Zeit in der der Bauer das
Futter für seine Tiere noch auf eigenen Äckern oder Wiesen produziert
hat.

Und weil das alles so schön groß und industriell ist, sind
schwuppdiwupp Zigtausend Tiere und Hunderttausende Eier verseucht.
Hier werden deshalb mal eben 8000 Legehennen getötet. Dort ein
Betrieb mit 80000 Legehennen gesperrt. 80000
Legehennen in einem Betrieb! Zahlen, die am Rande der
Berichterstattung über den Skandal auftauchen. Zahlen, die an sich
schon erschrecken. Aber gut. Bei dem aktuellen Problem geht es nicht
um die Würde der Tiere, sondern um die Gesundheit der Verbraucher.
Jener Verbraucher, die all dies bereitwillig mitmachen, weil es nun
mal so schön billig ist, Eier zu kaufen, die aus industriell
arbeitenden Großbetrieben kommen. Was könnte man daraus lernen? Man
könnte auch anders einkaufen. Besser kaufen. Bewusster kaufen. Und
sich dem Billigwahn verweigern, der die Ursache des Übels ist.

Autor: Katharina Hammermann

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