Lausitzer Rundschau: Problem Altfälle

Menschenrechtsgerichtshof zur Sicherungsverwahrung

Deutschland ist erneut in vier Fällen wegen seiner
Praxis der Sicherungsverwahrung vom Europäischen Gerichtshof für
Menschenrechte (EGMR) in Straßburg verurteilt worden. Das ist jedoch
keine Überraschung. Denn in drei der vier Fälle ging es um die
nachträgliche Verlängerung der Dauer der Unterbringung nach der
Strafhaft. Die hatte der EGMR bereits in anderen Fällen vor einem
Jahr als Menschenrechtsverstoß klassifiziert. Die neuen
Entscheidungen dazu bestätigen diese Haltung. Die Bundesregierung hat
bereits darauf und auf Kritik an der praktischen Umsetzung der
Sicherungsverwahrung mit einer Reform reagiert. Sie ist mit dem
Jahreswechsel in Kraft getreten und enthält auch die Abschaffung der
nachträglich angeordneten Verwahrung. Genau diese ist in dem vierten
jetzt gefällten Urteil als menschenrechtswidrig bezeichnet worden.
Durch die inzwischen eingetretene Gesetzesänderung steht aber fest:
Neue Fälle von nachträglicher Sicherungsverwahrung wird es in
Deutschland nicht mehr geben, auch keine nachträgliche Verlängerung
der Unterbringungsdauer. Als großes Problem werden jedoch die
„Altfälle“ die Justiz weiter belasten. Was soll mit diesen
Verurteilten geschehen, die nach Maßstäben der Straßburger Richter
inzwischen freigelassen werden müssten, von denen aber Gutachter
sagen, dass sie noch immer hochgefährlich sind? Richter, die jeden
dieser Einzelfälle prüfen und entscheiden müssen, sind um diese
schwere Aufgabe nicht zu beneiden. Die Betroffenen klagen derweil
weiter. In Straßburg stehen weitere 30 Verfahren zur Entscheidung an.

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