Lausitzer Rundschau: Guttenberg wird zum Problem für die Kanzlerin / Der falsche Doktor

Zweimal stand gestern der Verteidigungsminister
vor der Presse. Einmal vor einem kleinen Kreis von Kameraleuten, der
sich die Bekenntnisse des Karl-Theodor zu Guttenberg über seine
Doktorarbeit anhören durfte, dem aber Fragen verwehrt blieben. Dann
am späten Abend musste der CSU-Politiker bekannt geben, dass ein
weiterer deutscher Soldat in Afghanistan gefallen war. Den
Medienrummel um seine Person hat er früher nicht nur ertragen, er hat
ihn gesucht und ausgenutzt. Die gestrigen Auftritte vor der Presse
aber haben den Senkrechtstarter in einer ganz eigentümlichen Art und
Weise hart aufschlagen lassen auf den Boden der Realitäten. Bei
seinem Doktor geht es um Anstand und Stil, um genau jene Tugenden,
mit denen der junge Adelige bislang glaubte, Beliebtheit gewinnen zu
können. In Afghanistan geht es um viel mehr, um Leben und Tod und man
kann nur hoffen, dass in der zufälligen Verknüpfung der Ereignisse so
manchem etwas deutlicher geworden ist, wie ernsthaft das Geschäft
eines Politikers ist, wenn er einen Krieg führt. Und wer etwas
genauer hinschaut, wird an diesem Freitag auch gespürt haben, dass
dieser Karl-Theodor zu Guttenberg nicht der richtige Mann sein könnte
für dieses ernsthafte Geschäft. Wie viel er nun abgeschrieben haben
mag, spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle. Aber zwischen dem
schlampigen Umgang mit der Gedankenarbeit anderer Autoren und seinen
Schnellschüssen im Amt drängt sich allmählich der Eindruck auf, dass
der Christsoziale mit einer Verantwortung konfrontiert wurde, auf die
ihn seine noble Herkunft nicht vorbereiten konnte. Angesichts der
unvergleichlichen Popularität, die zu Guttenberg genießt, wird sein
weiteres Schicksal allerdings zu einer schwierigen Belastungsprobe
für die deutsche Demokratie. Denn die Menschen lassen sich nur ungern
einen frisch gewonnenen Liebling wegnehmen. Sie haben Gefallen
gefunden an dem bisschen Glamour, das mit ihm in der deutschen
Politik Einzug hielt. Viele werden hinter den Vorwürfen eine Intrige
des Neides und der Missgunst vermuten. Guttenberg hat es bisher auch
sehr geschickt verstanden, unentbehrlich zu werden angesichts der
Sehnsucht nach etwas anderem als dem grauen Einerlei. Nur – wie sagt
wer den Leuten, dass das alles nicht so wichtig ist. Die Bundeswehr
steht im Kampfeinsatz und muss als Berufsarmee eine neue Struktur
finden. Wer es gut meint mit den deutschen Soldaten, der wird fast
zwangsläufig zu der Schlussfolgerung kommen, dass die jetzt einen
Minister brauchen, der weniger mit dem eigenen Profil und mehr mit
dem Schicksal seiner Untergebenen beschäftigt ist. Angela Merkel, die
Guttenberg förderte, muss ihm andere Aufgaben zuweisen. Es ist jetzt
nicht seine, es ist ihre Bewährungsprobe.

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