Wahlen in Stadtstaaten sind geprägt von lokalen
Besonderheiten und kommunalen Themen. Das gilt ganz besonders für
Hamburg mit seinen Affären, Allüren und neuerdings auch
koalitionspolitischen Abenteuern. Schill, Beust, Elbphilarmonie,
Schwarz-Grün – wenige Stichworte reichen, um die Zustände an der
Alster zu beschreiben. Deshalb lässt sich das gestrige Ergebnis noch
weniger als anderswo aus der Bundespolitik erklären. Aber weil es
eben doch eine Landtagswahl ist, weil es um die erste Liga der
Politik geht, hat der Urnengang gleichwohl Rückwirkungen auf das
Geschehen in Berlin. Drei wesentliche Folgen lassen sich festhalten.
Die erste: A star is borne (Ein Star ist geboren). Olaf Scholz kommt
aus dem Wahlkampf mit der Autorität eines Ministerpräsidenten zurück
auf die bundespolitische Bühne und wird dort eine noch größere Rolle
spielen als bisher. Das Ergebnis ist in erster Linie eine krasse
Niederlage der CDU, in zweiter Linie Scholz– persönlicher Erfolg. Es
ist kein Sieg der Bundes-SPD und Sigmar Gabriels. Die zweite
Erkenntnis ist, dass die schwarz-grüne Option, von Ex-Bürgermeister
Ole von Beust schon zum Modell für die Zukunft erklärt, nun für eine
lange Zeit in der Kiste „exotische Experimente“ verschwinden wird. Zu
früh, zu unerfahren und mit einem zu leichtfüßigen Regierungschef,
eben Ole von Beust, ist man die Sache angegangen. Die CDU hat das
praktisch das politische Leben gekostet, und die anderen Parteien
haben diese Leiche gehörig gefleddert. Alle profitieren davon. Nur
die Grünen nicht, deren Blütenträume seit gestern nicht mehr in den
Himmel wachsen. Das ist auch die Strafe für einen allzu raffiniert
ausgeführten Koalitionsbruch. Drittens ist das Ergebnis mit Blick
auf die folgenden sechs Urnengänge in anderen Ländern ein ganz
bitteres Signal für die CDU, mittelbar auch für ihren Partner im
Bund, die FDP. Es ist, als hätte ein Hürdenläufer den Start verpatzt
und gleich auch noch das erste Hindernis gerissen. Das nächste,
Sachsen-Anhalt, ist ja auch wackelig, und wie soll dann das große
Baden-Württemberg gelingen? Nüchtern betrachtet hat das Jahr 2011 der
schwarz-gelben Koalition bisher Folgendes gebracht: Die
Westerwelle-Krise, die Guttenberg-Krise und die Hamburg-Klatsche. Es
würde niemanden wundern, wenn das zwischen Kanzleramt, Union und
Liberalen in den nächsten Wochen auf die gute Laune und in den
Ländern auf die Motivation der Wahlkämpfer schlüge.
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