Rheinische Post: Sarkozy und Libyen

Ein Kommentar von Matthias Beermann:

Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy, das weiß man
inzwischen, ist immer für eine Überraschung gut. Aber was da jetzt
aus Paris zum Thema Gaddafi zu hören ist, macht einen doch
einigermaßen sprachlos. Es ist noch gar nicht lange her, da wollte
Sarkozy dem libyschen Diktator ein Atomkraftwerk verkaufen und Waffen
sowieso. Wegen dieser über Jahrzehnte gepflegten Nähe zu den
nordafrikanischen Potentaten steht seine Regierung innenpolitisch
jetzt unter Druck. Es ist, als ob Sarkozy das alles vergessen machen
wollte, indem er jetzt so mächtig vom Leder zieht. Ohne Absprache mit
den europäischen Partnern verbrüdert er sich mit Gaddafis Feinden.
Als ob es reichen würde, gegen Gaddafi zu sein, um in diesem Krieg
der Libyer auf der richtigen Seite zu stehen. Und dann auch noch das
laute Nachdenken über Luftschläge, mal eben schnell im Alleingang.
Man mag das Verhalten der Europäer angesichts Gaddafis skandalöser
Angriffe auf sein Volk als zögerlich empfinden. Aber mit seinem
Vorstoß hat Sarkozy die hin und her gerissene EU nur noch weiter
gespalten. Vielleicht ist Europa ja am Ende tatsächlich gezwungen, in
seinem südlichen Hinterhof militärisch einzugreifen. Aber der
Marschbefehl darf dann nicht ausgerechnet aus Paris kommen.

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