Neue OZ: Kommentar zu Landtagswahlen in Baden-Württember und Rheinland-Pfalz

Absage an Selbstherrlichkeit

Politische Zeitenwende: Fast 58 Jahre lang ist Baden-Württemberg
ununterbrochen von CDU-Ministerpräsidenten regiert worden. Nun könnte
ein Grüner übernehmen – ein größerer Wandel ist kaum denkbar.

Die CDU-Niederlage im Südwesten hat ein Gesicht: Stefan Mappus.
Dass er als langjähriger Kernkraftbefürworter nach der Katastrophe
von Fukushima einen schweren Stand hatte, erklärt das schlechte
Abschneiden der Christdemokraten nur teilweise. Hinzu kamen heftig
umstrittene landespolitische Positionen, so etwa in der Kontroverse
um das Bahnprojekt Stuttgart 21 und beim Rückkauf der EnBW-Anteile,
die der Ministerpräsident am Parlament vorbei organisiert hatte. So
gesehen, ist das Wahlergebnis auch eine Absage an Selbstherrlichkeit
und Entscheidungen über die Köpfe der Bürger hinweg.

Der zweite große Verlierer heißt Kurt Beck. Auch seine Laufbahn
hat den Zenit deutlich überschritten, wie der stark gesunkene
SPD-Stimmenanteil zeigt. Eine Reihe von Skandalen und Affären prägte
die vergangenen fünf Jahre der sozialdemokratischen Alleinherrschaft.
Im Zusammenhang mit der Finanzierung des Nürburgring-Umbaus verlor
Beck sogar seinen Finanzminister. Auch dafür gab es jetzt die
Quittung.

Dass der dienstälteste deutsche Ministerpräsident dennoch
weiterregieren kann, hat er den Grünen zu verdanken. Sie legten
fulminant zu – nicht nur in Rheinland-Pfalz, sondern auch in
Baden-Württemberg. Das hat mit dem Thema Atomkraft zu tun, aber auch
mit dem Personal, das die Grünen ins Rennen schicken. Mit Winfried
Kretschmann stellten sie einen Spitzenkandidaten auf, wie er solider
und seriöser kaum vorstellbar ist.

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